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Zeit für eine Pause

Die hohe Kunst des Trainings ist die richtige Einteilung der Regenerationsphasen.

Da ist er wieder. Der Muskelkater. Ausgerechnet jetzt, wo man ihn doch gar nicht brauchen kann, weil man endlich so richtig ins Training reingekippt ist. Aus dem Flow will man sich nicht herausreißen und den sportlichen Lauf nicht durch einen unnötigen Ruhetag unterbrechen. Das Gefühl werden viele Sportler kennen – und sich im Zweifelsfall für das Weitertrainieren entscheiden.

Dabei würden sie, wie Piero Lercher sagt, den Wert der Pause unterschätzen. Den beginnt der Sportmediziner der Medizinischen Universität Wien anhand des Modells der sogenannten Superkompensation zu beschreiben. Vereinfacht gesagt ist es nämlich so: Der Körper erhält im Training gewisse Reize. Bekommt er danach die Zeit zur Regeneration, nützt er die, um sich anzupassen. In der Ruhephase nimmt nach einem Krafttraining dann etwa die Muskelmasse und nach einem Ausdauertraining die Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu. Der Trainingseffekt tritt also in der Erholung ein. Erst danach wird der Körper leistungsfähiger als zuvor sein. Und genau an dem Punkt setzt idealerweise der nächste Trainingsreiz ein.

Nicht umsonst wird die richtige Abfolge von Sporteinheit und Pause von Lercher als „die hohe Kunst des Trainings“ bezeichnet. Als Hobbysportlerin wollte ich dem Experten zwar keine Kunststücke, aber doch ein paar Faustregeln für die Pausenplanung abringen. Doch selbst das ist mir nicht ganz gelungen. Auf eine Stunden- oder Tageszahl wollte sich der Sportmediziner partout nicht festlegen. Der Pausenbedarf sei zu individuell. Nur so viel rät Lercher: Die Trainingseinheiten müsse man gut verteilen. Wer beispielsweise dreimal pro Woche sportelt, sollte das nicht Montag, Dienstag, Mittwoch tun. Denn da könnten sowohl die fehlende Ruhephase zu Wochenbeginn als auch die zu lange Erholung im Rest der Woche kontraproduktiv sein.

Beim nächsten Muskelkater werde ich im Sinne der Superkompensation einen Tag Pause einlegen. Als Ausrede für eine längere Sportabstinenz kann das Phänomen allerdings nicht dienen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2021)

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