Dem Bubikopf-Erbe verpflichtet: Das britische Model Twiggy mit Kurzhaarschnitt (frühe 1970er-Jahre).
Roaring Twenties

Der Eigensinn im Bubikopf

Der androgyne Chic der Roaring Twenties fasziniert wieder: Im Buch „Der Bubikopf“ schildert Helga Lüdtke den Siegeszug der Kurzhaarfrisur in der Weimarer Republik.

Es ist nicht nur der Zufall der Zahlen, der uns in den ersten „Twenties“ des neuen Jahrtausends Befindlichen die „Roaring Twenties“ in Erinnerung bringt. Es ist auch der Wunsch, ein Gefühl des Aufbruchs in neue Lebensformen historisch zu zelebrieren. Die Veruneindeutigung der Geschlechtergrenzen in der damaligen Mode fasziniert wieder, der androgyne Chick. Vieles, was im deutschsprachigen Raum dazu veröffentlicht wird, kommt aus Berlin und feiert Berlin. Das queere, avantgardistische Berlin der 1920er-Jahre.

Zu dieser Welle zählt auch das Buch „Der Bubikopf“ der deutschen Bibliothekarin und Autorin Helga Lüdtke. Nicht nur inhaltlich anregend, sondern auch ästhetisch reizvoll gestaltet, erzählt es aus deutscher Perspektive von einer französischen Erfindung: dem revolutionären weiblichen Kurzhaarschnitt, dem „Coupe à la Garçonne“ und seinem Siegeszug ab 1920 durch die Weimarer Republik – als Bubikopf. Er war viel mehr als ein ungewohnter neuer Haarschnitt, er war eine kulturelle Ansage – eine weibliche. Und der Streit darum auch der um die Emanzipation und angebliche Vermännlichung der Frau.

Wichtiger als das Charleston-Kleid. Zunächst nur langsam und in gemäßigter Form – gewellt und nicht ganz kurz – fand der „Bubenkopf“, wie er anfangs genannt wurde, Eingang in die Modewelt; man sah ihn an Schauspielerinnen oder Sängerinnen. Die meisten Berliner Friseure sagten ihm kein langes Leben voraus, taten ihn als eigenartige Laune exzentrischer Damen ab. Es kam ganz anders: Der Kurzhaarschnitt, so Lüdtke, wurde für Frauen zum Symbol von Modernität und Selbstbestimmung, „rangierte in dieser Bedeutung weit vor dem Auto, der Zigarette und dem Charleston-Kleid“.

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