Klimawandel

IPCC-Bericht: Österreich drohen bis zu fünf Grad mehr

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++ THEMENBILD ++ WETTER / SOMMERAPA/HELMUT FOHRINGER
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Schon jetzt ist es in Österreich um zwei Grad wärmer als vor der Industrialisierung. Steigen die Temperaturen, sind noch mehr Hitzetage, Dürren und Schnee nur noch über 1500 die Folgen.

Der Weltklimarat IPCC warnt in seinem neuesten Bericht erneut vor den verheerenden Auswirkungen eines ungebremsten Klimawandels. Wie stark die Erderwärmung auch in Österreich angekommen ist, belegen die umfassenden Statistiken der ZAMG. Demnach ist es hierzulande seit Beginn der Industrialisierung um rund zwei Grad wärmer geworden. Folgt keine Trendumkehr, wird die Erwärmung bis zum Jahr 2100 bei mindestens fünf Grad liegen.

"Wir alle sind bereits heute von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen. Mit immer häufiger und intensiver auftretenden Unwetterereignissen bei uns in Österreich, in Europa und weltweit wird klar: Wir müssen jetzt handeln - es braucht engagierte Klimaschutzpolitik", stellte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) fest. Die veröffentlichen Daten und Ergebnisse des IPCC zeigen deutlich, dass weiter wie bisher für uns alle keine Option ist. Düstere Vorhersagen aus dem IPCC-Bericht von 2014 sind heute - nur sieben Jahre später - bereits schreckliche Realität geworden, stellte Katharina Rogenhofer, Sprecherin des Klimavolksbegehren fest: "Nahezu täglich neue Wetterextreme, Überschwemmungen, Hitzerekorde und ganze Inseln, die in Flammen stehen: Die Klimakrise passiert hier und jetzt". Der neue IPCC-Bericht zeige deutlich, dass Wetterextreme, wie wir sie in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben, die neue Normalität darstellen.

„Unvorstellbare" 80 Hitzetage pro Jahr

Wie stark sich die zwei Grad in Österreich bereits auswirken, sieht man gut an den Hitzetagen mit mindestens 30 Grad, hieß es vonseiten der ZAMG. So gab es im Zeitraum 1961 bis 1990 in den meisten Landeshauptstädten Österreichs pro Jahr zwischen fünf und elf Hitzetage und die Rekordwerte lagen bei 20 Tagen. Im Zeitraum 1991 bis 2020 verzeichnete die ZAMG bereits zwischen 16 und 22 Hitzetage und die Rekorde lagen schon bei über 40.

"Das könnte sich fortsetzen: Der derzeit noch extreme Wert von 40 Hitzetagen pro Jahr in Österreich wird bei einem weltweit ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen am Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein", so die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in einer Aussendung. Die Rekorde würden dann "in einem derzeit noch völlig unvorstellbaren Bereich von 60 bis 80 Tagen über 30 Grad pro Jahr liegen".

Auch Regen wird im Sommer häufiger

Besonders im Sommer veränderte sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die Verteilung der täglichen Regenmengen: Die Zahl der Tage, an denen es wenig regnet, wurden seltener. Um zehn bis 30 Prozent häufiger wurden in den vergangenen 30 Jahren hingegen Tage mit sehr viel Niederschlag. "So kommt es zur scheinbar paradoxen Tatsache, dass im Sommer sowohl die trockenen Phasen als auch die starken Regenereignisse intensiver und häufiger wurden", so die ZAMG.

Die zunehmende Hitze bringt auch enorme Risiken für die Gesundheit: "Hitze wird als Gefahr immer noch unterschätzt, weil es oft schwierig ist, nachzuweisen, dass ein Tod durch z.B. Herz-Kreislaufversagen von einer Hitzewelle verursacht wurde. Zahlreiche Studien belegen aber, dass in Europa deutlich mehr Menschen durch Hitzewellen sterben als durch Stürme, Hochwasser oder andere Wetterextreme", so die ZAMG.

Der Klimawandel beeinflusst auch die Vegetation. In Österreich gibt es etwa zwar keinen Trend zu weniger Niederschlag, trotzdem steigt die Gefahr von Dürren. Denn die stetige Erwärmung wirkt sich stark auf die Wasserbilanz aus: Je wärmer es ist, desto mehr Feuchtigkeit verdunstet aus den Böden in die Luft. Außerdem verlängert ein wärmeres Klima die Vegetationsperiode und die Pflanzen entnehmen über einen längeren Zeitraum Wasser aus den Böden. Untersuchungen für den Alpenraum zeigen weiters, dass in den kommenden Jahrzehnten die Schwankungen der Niederschlagsmenge von Jahr zu Jahr größer werden könnte, wodurch die Dürregefahr zusätzlich steigt.

Schnee nur noch über 1500 Meter

Auch auf den Schneefall hat der Klimawandel enorme Auswirkungen. Den Prognosen der ZAMG zufolge bleibt es in den kommenden Jahrzehnten nur mehr oberhalb von etwa 1.500 bis 2.000 Meter noch kalt genug für Schneefall. In tiefen Lagen wird es stattdessen immer öfters regnen. Zum Beispiel hat in Österreich die Zahl der Tage mit einer Schneedecke in Wien, Innsbruck und Graz in den vergangenen rund 90 Jahren um etwa 30 Prozent abgenommen. Bei weltweit ungebremsten Emissionen von Treibhausgasen wird die Schneedeckendauer bis zum Jahr 2100 in Lagen unterhalb von etwa 400 Meter Seehöhe um rund 90 Prozent abnehmen, in Lagen um 1.500 Meter um etwas mehr als 50 Prozent.

Aber auch die ZAMG betonte, dass die verheerenden Zukunftsprognosen nicht eintreffen müssen, wenn noch gegengesteuert wird. Bei Einhaltung des Pariser Klimaziels könnte sich die Erwärmung in Österreich und weltweit in den nächsten Jahrzehnten knapp über dem aktuellen Niveau einpendeln. Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der ZAMG sagte: "Ein wichtiges Ergebnis der Forschung ist, dass mit einem ambitionierten Klimaschutz immer noch möglich ist, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu dämpfen."

NGOs: „Fit-for-65" und „Green Deal"

Greenpeace fordert die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang dazu auf, endlich die notwendigen Mindestmaßnahmen auf EU-Ebene einzuleiten und aus dem "Fit-for-55"-Paket schleunigst ein "Fit-for-65"-Paket zu schnüren. Die Reduktion um 55 Prozent der Treibhausgasemissionen sei viel zu gering angelegt, mindestens 65 Prozent seien zwingend notwendig. Von der österreichischen Bundesregierung fordert Greenpeace "schleunigst ein umfassendes und ambitioniertes Klimaschutzgesetz sowie eine sozial abgefederte ökosoziale Steuerreform umzusetzen".

Global 2000 forderte einen "Green Deal" für Österreich. Dazu gehöre ein Klimaschutzgesetz, mit einem wirksamen Sofortmechanismus und einen stufenweisen, rechtlich verbindlichen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle bis spätestens 2040. Weiters braucht es einen Öko-Bonus für alle Haushalte, der sich aus einer CO2-Bepreisung finanziert. Das Volumen einer öko-sozialen Steuerreform soll dabei 5-7 Milliarden Euro betragen. "Jede zusätzliche Erhitzung vergrößert die Intensität und Häufigkeit von Klimakatastrophen und gefährdet damit das Überleben vieler Menschen und Tierarten. Daher muss die Politik rasch handeln, bevor es zu spät ist", sagte Lisa Plattner, Expertin für internationale Klimapolitik beim WWF Österreich

(APA)

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