Coronavirus

Massenimpfungen in Tunesien angelaufen

August 8, 2021, Tunis, Tunisia: A health worker administers the AstraZeneca vaccine to a Tunisian man at Oued Ellil hig
August 8, 2021, Tunis, Tunisia: A health worker administers the AstraZeneca vaccine to a Tunisian man at Oued Ellil higimago images/ZUMA Wire
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Der tunesische Präsident Kais Saied will Schwung in die bisher schleppend verlaufende Impfkampagne bringen. Bis Mitte Oktober sollen 50 Prozent der Bevölkerung immunisiert sein.

In Tunesien wurden innerhalb eines Tages mehr als eine halbe Millionen Menschen geimpft. Bereits in den frühen Morgenstunden standen alleine in der Hauptstadt Tunis tausende Menschen Schlange und warteten auf ihren Stich mit dem Präparat des Herstellers AstraZeneca. Hunderte Schulen und Einrichtungen wurden für die Aktion zu Impfzentren umfunktioniert.

So versucht das Land die nur schleppend verlaufende Impfkampagne in Schwung zu bringen. Bisher waren nur acht Prozent der 11,5 Millionen Einwohner Tunesiens vollständig immunisiert. Gleichzeitig hatte das Land eine der höchsten Todesrate weltweit. Seit Beginn der Pandemie starben fast 21.000 Menschen an dem Virus, in sozialen Medien kursierten Videos von Patienten, die in tunesischen Krankenhausfluren erstickten.

Staatskrise durch Corona

Das desaströse Pandemiemanagement führte auf ihrem Höhepunkt sogar zu einer Staatskrise und könnte das Ende der erst jungen Demokratie bedeuten. Bereits Mitte Juli eröffnete die Regierung Impfzentren, war jedoch nicht auf den großen Andrang vorbereitet. Während die Menschen dicht gedrängt und ohne Mindestabstand auf ihre Impfung warteten, gingen die Vorräte aus. Es kam zu chaotischen Szenen und gewaltsamen Auseinandersetzungen. Mehrfach musste die Polizei einschreiten.

Die Folge waren Massenproteste gegen die Regierung und das Corona-Management. Tunesiens Präsident Kais Saied enthob in einem überraschenden Schritt mithilfe der Armee Ministerpräsident Hichem Mecchichi aus seinem Amt und setzte die Arbeit des Parlaments vorerst für 30 Tage aus. Seitdem entließ er dutzende Regierungsbeamte und mehrere Kritiker Saieds wurden festgenommen. Während internationale Beobachter und Parlamentspräsident Rached Ghannouchi von einem Staatsstreich sprachen, drückten Saieds Anhänger nach der Entscheidung ihre Unterstützung aus. Saied selbst sprach davon, im Rahmen der Verfassung zu arbeiten. Auch Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg zeigte angesichts der aktuellen Gesundheits- und Wirtschaftslage in Tunesien "Verständnis für das Bedürfnis nach Veränderung im Rahmen der Verfassung".

Impfkampagne zentral für Machterhalt

Ein Großteil der Menschen, das in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, unterstützt laut Umfragen Saieds Schritte vorerst. Viele Tunesier werfen den Abgeordneten des Parlaments - vor allem denen der moderat-islamistischen Partei Ennahda - Machtgier vor. Ein erfolgreicher Verlauf der Impfkampagne ist für den Präsidenten von großer Bedeutung, hängt davon doch sein Verbleib im Machtzentrum ab.

Mittlerweile hat das Land Millionen Impfdosen aus dem Ausland gespendet bekommen, darunter auch 50.000 aus Österreich vergangene Woche. Bis Mitte Oktober sollen nach Angaben des Ministeriums 50 Prozent der 11,6 Millionen Einwohner Landes geimpft sein.

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