Gemäß einer neuen Studie ist die Ausländerfeindlichkeit in der deutschen Bevölkerung auf dem Vormarsch. Muslimen schlägt besonderes Unbehagen entgegen.
Fremdenfeindliche und antidemokratische Ansichten in Deutschland nehmen offenbar deutlich zu. Jeder zehnte Staatsbürger wünscht sich einen „Führer“, jeder Dritte will Ausländer zurück in ihr Heimatland schicken. Das zeigen die Ergebnisse der Studie „Die Mitte in der Krise – Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2010“ im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. „Wir müssen dieses Jahr einen Anstieg von dezidiert antidemokratischen und rassistischen Einstellungen feststellen“, bewerten die Autoren das Ergebnis der Befragung. Dafür hatten sie im Frühjahr mehr als 2400 Menschen interviewt. 35,6 Prozent stimmten der Aussage zu, dass „die Bundesrepublik in gefährlichem Maß überfremdet“ sei.
Besonders dem Islam, zu dem die Forscher einen eigenen Fragebogen entwickelt haben, schlägt große Ablehnung entgegen: Die Religionsausübung für Muslime wollen bundesweit 58,4 Prozent, in Ostdeutschland sogar 75,7 Prozent der Befragten erheblich einschränken.
„Moderner Rassismus“
Bemerkenswert ist, dass dieser Feststellung mehr als die Hälfte derjenigen zugestimmt haben, die rassistischen Aussagen ansonsten überwiegend ablehnend gegenüberstehen. Die Autoren schließen daraus, dass sich eine Art „moderner Rassismus“ entwickle, der an kulturellen Unterschieden ansetzt und nicht mehr biologistisch geprägt ist. Es sei zu befürchten, dass die Akzeptanz islamfeindlicher Aussagen für rechtsextreme Parteien die Möglichkeit bietet, auch anderen ideologischen Elementen des Rechtsextremismus Platz zu verschaffen. Zudem sei es wahrscheinlich, dass die Werte seit der Befragung im Frühjahr durch die öffentliche Debatte um die umstrittenen Thesen des Ex-Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin noch gestiegen seien.
Offenkundig ist für die Autoren auch der direkte Zusammenhang zwischen der ökonomischen Lage und der ausländerfeindlichen Einstellung in der Bevölkerung. Seit der letzten Befragung im Jahr 2008 habe die Wirtschaftskrise eine „Trendwende“ hin zu mehr Rechtsextremismus hervorgerufen. Was sich nicht geändert hat: Ausländerfeindlichkeit gibt es in allen gesellschaftlichen Schichten – oft in traditionell linken Milieus. Dreißig Prozent finden übrigens, dass „Ausländer kommen, um den Sozialstaat auszunützen“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14. Oktober 2010)