Demonstration

Blockade in Wien-Donaustadt: Klima-Aktivisten protestieren gegen Stadtstraße

Beim heutigen Protest kam es bisher nicht zu einem Polizeieinsatz.

Im Zuge einer weiteren Aktion gegen den Bau der Stadtstraße haben Aktivisten von Extinction Rebellion (XR) und anderer Klima-Bewegungen am Freitagvormittag eine Baustelle im Bereich der Hirschstettner Straße in Wien-Donaustadt blockiert. Ein XR-Sprecher gab an, dass im Zuge des geplanten "Baustellen-Hoppings" auch weitere Blockaden folgen können, derzeit seien rund 20 Personen beteiligt, Tendenz steigend.

Mit dem Bau der Stadtstraße soll Ende des heurigen Jahres begonnen werden, die Verkehrsfreigabe ist für Ende 2025 avisiert, das Bauende 2026 geplant, die valorisierten Projektkosten belaufen sich auf rund 460 Millionen Euro. Bei der Stadtstraße handelt es sich um eine Verbindungsstraße. Die 3,2 Kilometer lange Strecke soll die Südosttangente (A23, Anschlussstelle Hirschstetten) mit der S1-Spange Seestadt Aspern bei der Anschlussstelle Seestadt West verbinden. Sie gilt als ebenso umstritten wie der geplante Lobautunnel.

In einer XR-Aussendung wird die geplante Stadtstraße als "de facto Autobahn mitten durch Hirschstetten" bezeichnet und das Vorgehen der Stadt Wien kritisiert: Diese versuche "mit rechtlich fragwürdigen Kniffen einen längst überholten Zeitplan durchzupeitschen" - so soll etwa Tag und Nacht gearbeitet werden, und die gesetzlich definierte "aufschiebende Wirkung" von Einspruchsverfahren ausgehebelt werden.

Bei ähnlicher Demo fünf Personen festgenommen

Bei einem ähnlichen Protest gegen die stattfindenden Vorarbeiten für die Stadtstraße vor mehr als zwei Wochen wurden fünf Personen vorläufig festgenommen, da sie sich nach der Auflösung der nicht angemeldeten Versammlung durch die Polizei geweigert hatten, die Örtlichkeit zu verlassen. Damals wählte man die Hausfeldstraße als Ort des Protests. Beim heutigen Protest kam es bisher zu keinem Einsatz durch die Exekutive, berichtete der Sprecher der Aktivisten.

In einer Stellungnahme bei der Aktion Ende Juli betonte der Chef der MA 28 (Straßenverwaltung und Straßenbau), Thomas Keller, die Wichtigkeit des Straßenbauprojekts der Stadt Wien: "Die Donaustadt braucht die Stadtstraße, die einer langwierigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde. Die Verkehrsinfrastruktur der Donaustadt, dem flächengrößten Wiener Gemeindebezirk, kann der täglichen Verkehrslawine nicht länger standhalten." Die Stadtstraße würde die verkehrsgeplagten Wohngebiete "massiv" entlasten.

Kritik an Bodenversiegelung und erhöhtem Verkehr

Wie Werner Schandl, Bauingenieur und Initiator der Bürgerinitiative "Hirschstetten Retten" ausführte, würde das Bauprojekt die "grob fahrlässige" Versiegelung von 320.000 Quadratmeter bedeuten, die derzeit als Ackerland genutzt werden. Im Gegenzug wäre mit 322.400 zusätzlichen Auto-Kilometern zu rechnen - und das täglich. Das gehe aus Unterlagen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hervor, betonte Schandl. Er verlangte stattdessen ein nachhaltiges Verkehrskonzept mit dem Ausbau von Öffis und der Schaffung eines funktionierenden Radweg-Netzes.

Der Biologe Bernd Lötsch warnte am Donnerstag vor einer "Stahlbeton-Orgie". Die Tunnel-Bohrung unter dem Wiener Nationalparkteil Lobau habe "stadtzerstörende, urbanitätsfeindliche Folgen". Überdies drohe im Fall der Umsetzung "ein hydrogeologisches Umweltproblem". Unter Berufung auf einen "OMV-nahen Experten", den er nicht namentlich nennen wollte, brachte Lötsch als mögliche Folge der Bohrungen eine "kaum mehr beherrschbare Mobilisierung von petrochemischen und diversen anderen Altlasten aus früheren Fehlern, etwa im Zweiten Weltkrieg" zur Sprache.

"Die vorliegenden Bewertungsgrundlagen sind mangelhaft und gehen von unendlich freien Ressourcen aus", meinte Michael Getzner, Ökonom am Institut für Raumplanung der TU Wien. Bei der Projektierung habe man mehrere Punkte nicht berücksichtigt: die Generierung von neuem Verkehr durch neue Straßen, den Wegfall von Bodenfunktionen, "wenn direkt ein paar 100 Hektar versiegelt werden", die Folgen auf den Wasserverbrauch und das Absinken der Kühlwirkung infolge großflächiger Rodungen.

(APA)

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