Logistik

Das Biogemüse kann emissionsfrei zur Haustür gelangen

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In Ober- und Niederösterreich tun sich Wissenschaft und Industrie zusammen, um ein Elektrofahrzeug umzurüsten: Die Kühlung imLieferwagen soll umweltfreundlich und sicher sein. Das erste Testauto gefällt den Biohöfen so gut, dass sie hoffen, auf Dieselfahrzeuge zu verzichten.

Es ist ein Dilemma, das nicht nur die Biobauernhöfe selbst, sondern auch die umweltbewusste Kundschaft stört: Obst und Gemüse im Biokistl sind zwar nachhaltig produziert, aber die Lieferung zur Haustüre erfolgt mit einem Dieselfahrzeug. Das vom Klima- und Energiefonds unterstützte Projekt „Zero Logistics“ hat nun eine Alternative entwickelt, deren Tests auf der Straße die Erstanwender schon überzeugten.

Mit wissenschaftlicher und technischer Hilfe des Institutes of Intelligent Transport Systems der Uni Linz, der Consistix GmbH und des Austrian Institute of Technology (AIT) baute das in Hörsching beheimatete Logistikunternehmen Schachinger einen Lieferwagen, der nicht nur voll elektrisch angetrieben wird, sondern auch den Laderaum fast ohne Emissionen kühlen kann.

„Im Prinzip haben wir zwei Fahrzeuge zu einem vereint“, sagt Nikolaus Skarabela von Schachinger Logistik. Ein handelsübliches E-Auto und ein Kühlwagen wurden fachkundig zusammengestellt und in ihrem Inneren mit klimaschonender Technik vom Start-up Productbloks aufgerüstet. Bisher laufen Lieferfahrzeuge, die umweltfreundlich nachgerüstet werden, mit den gängigen Kältemitteln, die eine schlechte Klimabilanz haben. „Ein Kilo des normalen Kältemittels hat ein Global Warming Potential, GWP, von fast 2000: Das heißt, es verursacht zwei Tonnen CO2“, erklärt Skarabela. „Das sind so viele Emissionen, als würde ich ein Jahr lang sinnlos mit dem Auto durch die Gegend fahren“, rechnet er vor. Die herkömmliche Technik hat typischerweise eine Leckage, bei der das starke Treibhausgas entweicht und regelmäßig nachgefüllt werden muss. „Unser Projektpartner Productbloks hat nun als natürliches Kältemittel Propan gefunden, eine Alternative, die einen GWP-Wert von drei hat, also um den Faktor 600 weniger klimaschädlich ist“, sagt Skarabela.

Propan als modernes Kältemittel

In Zahlen

Die Neuentwicklung ist so konzipiert, dass aus dem hermetisch geschlossenen System der Kühlung nichts entweichen kann, die Nutzer also nicht nachfüllen müssen, und nichts in die Umwelt gelangt. Propangas kennen die meisten wahrscheinlich als Kartusche für den Gaskocher oder von Campinglampen. „Die hohe Entzündlichkeit ist bei unserem Kühleinsatz kein Problem“, betont der Projektleiter.

Als wirkliche Weltneuheit preisen die Forscher aber nicht den Einsatz von Propan an, sondern die Technik der elektrisch betriebenen Kühlung, die keine zusätzliche Batterie benötigt. „Wir haben es geschafft, die Kühlaggregate direkt an die Hochvoltbatterie, das ist der Hauptakku des E-Autos, anzuschließen“, sagt Skarabela. Ein Gleichspannungswandler sorgt für die korrekten Stromspannungen zwischen der Hochvoltbatterie und dem Aggregat: So gelingt die Kunst des vollkommen emissionsfreien Lieferwagens. Andere Ansätze setzen bisher auf separate Batterien oder Trockeneis, um die Kühlkette umweltfreundlich aufrechtzuerhalten. „Aber unser System spart all diese Umwege ein, was bedeutet, dass wir weniger Bauteile brauchen und deutlich effizienter sind. Dadurch hat der Wagen weniger Gewicht und mehr Raum für Nutzlast“, sagt Skarabela.

Der erste Anwender war der Biohof Achleitner in Eferding, der den E-Lieferwagen für die Biokistl-Zustellung im eigenen Umkreis und im Raum Linz testen konnte. Mit an Bord waren unzählige Sensoren für Temperatur und Luftfeuchte, die in Echtzeit speicherten, wo im Kühlraum wann welche Bedingungen herrschten – abhängig von der Außentemperatur, den Stand- und Betriebszeiten und vor allem den Temperaturänderungen, wenn die Hecktüren geöffnet werden. „Wir haben gesehen, was man isolationstechnisch noch verbessern könnte – aber das ist auch immer eine Frage von Platz und Gewicht im Fahrzeug“, sagt Skarabela.

Die Auswertungen des Energieverbrauchs (durch die Energie Ingenieure Consulting) zeigten jedenfalls eine Reduktion der Emissionen um 70 bis 80 Prozent. „Zero Emission ist möglich, wenn man mit 100 Prozent Ökostrom fährt“, so Skarabela, der hofft, dass diese umweltfreundliche Kühlung nicht nur Biokistl-Liebhaber erfreuen wird, sondern auch im Bereich der Pharma-Lieferungen eingesetzt werden kann.1 Tonne CO2 verbraucht ein Fahrzeug mit gängiger Kühleinheit pro Jahr. Dieser Wert sinkt auf 0,4 Kilogramm CO2-Äquivalente, wenn das Kühlaggregat mit Propangas betrieben wird. Das sind nur 0,04 Prozent der herkömmlichen Technik.

3 ist der GWP-Wert (Global Warming Potential) von Propangas. Der GWP-Wert eines Kältemittels definiert sein Treibhausgaspotenzial in Bezug auf CO2, was auch als CO2-Äquivalent bekannt ist. Gängige Kältemittel, die im Gegensatz zu Kühlmitteln Gegenstände auch bei hoher Umgebungstemperatur kühlen, haben GWP-Werte von 2000.

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