Dass ein Abzug der ausländischen Hilfstruppen aus Afghanistan zum baldigen Kollaps der Staatsmacht dort führen würde, dafür gab es seit vielen Jahren Indizien und Warnungen. Eine Analyse der „Presse", erschienen 2016, bewahrheitet sich nun auf fast gespenstische Weise.
Viel wird dieser Tage über den Sturmlauf der islamistischen Taliban-Milizen in Afghanistan berichtet. Und analysiert, wieso es dazu kommen konnte, dass eine über viele Jahre von großteils westlichen Staaten finanzierte, ausgebildete und ausgerüstete Armee angesichts der Gotteskrieger in Sandalen mehr und mehr weicht, flieht, sich ergibt - und teils sogar überläuft.
Nach dem praktisch komplettierten Abzug der fremden Truppen bis auf Reste (zuletzt jener der USA, der Briten und Türken) vor wenigen Wochen verläuft der Vormarsch der Taliban tatsächlich sogar schneller als erwartet. Sie kontrollieren schon mehr als drei Viertel des Landes, Präsident Ashraf Ghani, in Kabul mit dem Rücken zur Wand, sprach am Samstag von Konsultationen mit politischen Kräften im Aus- und Inland, zu denen auch solche der Taliban gehören dürften.
Eine letzte „Feuerwehr-Aktion" vor dem Ende
Der Angriff auf Kabul war zunächst für die kommenden Wochen oder Tage erwartet worden, doch hieß es dann am Sonntag seitens des afghanischen Innenministeriums plötzlich, dass die Taliban bereits von allen Seiten auf die Hauptstadt vorrücken würden. Details waren zunächst unbekannt, angeblich erreichten einige Talibanformationen aber sogar schon den Stadtrand. Gigantisches Chaos droht.