Globetrotter

Lausige Tage für den Sultan von eigenen Gnaden

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Neoosmanismus.Das Wirtschaftstief erschwert es Recep Tayyip Erdoğan, sein außenpolitisches Abenteuertum zu finanzieren.

Die Türkei hat schon bessere Tage als die jetzigen gesehen, und ihrem Sultan von eigenen Gnaden ist es auch schon besser gegangen. Regierungsversagen, Coronapandemie, Wirtschaftsabschwung, Waldbrände und Überschwemmungen, Tourismusflaute – all die Krisen und Katastrophen greifen ineinander über und verstärken sich noch gegenseitig.Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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Vor allem die türkische Wirtschaft steckt in einem Tief. Währungskrise und Rezession wurden durch die Covid-19-Pandemie noch verschärft. Seit 2013 hat die Türkische Lira 75 Prozent ihres Werts gegenüber dem Dollar verloren, die türkischen Sparer flüchten mit ihrem Ersparten in ausländische Währungen. Allein 2020 rutschten nach Schätzungen der Weltbank weitere 1,5 Millionen Türken unter die Armutsgrenze – dort sollen sich inzwischen gut 50 Millionen der 82 Millionen Türken befinden. Die weiter gefasste Arbeitslosenquote ist auf 27 Prozent angestiegen, soll bei Frauen nahezu 34 Prozent und bei jungen Menschen sogar über 42 Prozent betragen. Die Inflation kratzt an der 20-Prozent-Marke.

Zwar hat Machthaber Recep Tayyip Erdoğan das Land dank seiner Präsidialherrschaft fest im Griff. Doch Ahmet Davutoğlu, viele Jahre der Architekt der Außenpolitik der Regierungspartei AKP und eine Zeit lang Premierminister unter Erdoğan, wies jüngst in einem „Spiegel“-Interview auf die Schattenseiten der eisernen Autokratie hin: Er sprach von Nepotismus und wuchernder Korruption in der Elite, von einer Krise, die nicht nur die Wirtschaft betrifft, sondern den Staat in den Grundfesten erschüttert, von einem Präsidenten, der von lauter Jasagern umgeben ist, der den Blick für die Realität im Land verloren hat und dessen Ansehen in einer immer unzufriedeneren Bevölkerung schwindet.

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