Elektro-Mustang

Elektrischer Ford Mustang: Das Pferd, auf das Joe Biden setzt

Großer Name aus Ford Historie: Kein richtiges SUV, eher Crossover mit sportlichem Faltenwurf.
Großer Name aus Ford Historie: Kein richtiges SUV, eher Crossover mit sportlichem Faltenwurf. Clemens Fabry
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Reichweite für die Langstrecke, kräftiger Antritt und viel Platz an Bord: Das lobt sich der US-Präsident (auch wenn der Ford Mustang Mach-E in Mexiko gefertigt wird). Der Elektro-Erstling ist gelungen, dem Sound fehlt noch Verve.

Der historische Mustang ist US-Motor-Folklore pur. Nicht nur, weil ein Mustang als Dienstwagen von Lieutenant Frank Bullitt (Steve McQueen) Filmgeschichte schrieb. Auch, weil dieser Motown-Veteran ein paar Jahre lang das meistverkaufte Auto der Vereinigten Staaten überhaupt war, dermaßen war das Konzept des gut leistbaren Sportcoupés eingeschlagen Mitte der Sechziger. Die Manager-Legende Lee Iacocca hatte es auf den Weg gebracht.
Auch der Begriff Mach (für Schallgeschwindigkeit) stammt aus den Heldentagen, er bezeichnete eine frühe Performance-Version mit V8 (während das Urpony ja mit bravem Sechszylinder auf den Markt gekommen war). Der Mustang ist übrigens heute noch oder wieder erfolgreich unterwegs und beansprucht zeitweise den Titel des weltweit meistverkauften Sportwagens für sich.
Der Mach-E stammt freilich aus einer anderen Zucht, rein elektrisch und in Gestalt eines Cross-over, also SUV-artig. Dass die Motor Company begrifflich auf die Trophäensammlung der Marke zurückgriff, unterstreicht die Bedeutung des Modells. Es galt zu beweisen, dass nicht nur Tesla Elektroautos bauen kann. Und dass diese die Zukunft sind, daran zweifelt auch in den USA kaum noch jemand. Joe Bidens Initiative aus der Vorwoche, bei der alle großen US-Autohersteller an Bord sind, sieht bis zum Ende des Jahrzehnts jede zweite US-Neuzulassung als Zero-Emission-Fahrzeug vor, wobei neben den rein elektrischen auch Plug-in-Hybride und natürlich wasserstoffbetriebene inkludiert sind. Dabei geht's nicht nur ums Klima, sondern auch um den Konkurrenten China, den man auf dem Feld überflügeln will.

Finnen als Türgriffe

Der Mustang Mach-E ist sicherlich schon ein brauchbarer Baustein. Dem SUV-artigen Aufbau ist mit ein paar kräftigen Faltenwürfen die typische Mopsigkeit genommen, es gibt sogar Powerdomes auf der Motorhaube, unter der hier freilich keine Zylinderköpfe Platz finden, sondern ein kleines Gepäckabteil samt dem Wust an Kabeln, den BEVs gern mit sich führen. Auffallend das gelungene Packaging des Autos, das bei 4,7 Metern Außenlänge auf einen fürstlichen Radstand von drei Metern kommt.
Hat Tesla die versenkbaren Türgriffe populär gemacht, überrascht der Ford mit aerodynamisch günstigen Finnen an den vorderen Türen, die als Griffe dienen. Zum Öffnen drückt man ein Knöpfchen, woraufhin die Tür aufspringt, das Gleiche lässt sich auch per Smartphone oder Code-Eingabe an der B-Säule erreichen.

Das Riesen-Display ist Ehrensache in der Gattung der Elektrischen. Und wohl auch überhaupt. Ford hat aber ein analoges Drehrädchen für die Lautstärke belassen. Es sitzt unten auf dem Bildschirm. Das ist nett.
Das Riesen-Display ist Ehrensache in der Gattung der Elektrischen. Und wohl auch überhaupt. Ford hat aber ein analoges Drehrädchen für die Lautstärke belassen. Es sitzt unten auf dem Bildschirm. Das ist nett. Clemens Fabry


Zwei Batteriegrößen stehen zur Auswahl, wir hatten die größere mit 88 nutzbaren Kilowattstunden, sie ist beim Modell mit Heckantrieb für eine WLTP-Reichweite von 610 Kilometern gut.
Wien–Linz und retour, so viel haben wir am Stück erprobt, ist drin, so man halt im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit bleibt, Minusgrade unberücksichtigt. Rein aus Neugier suchten wir eine neu errichtete Ladestation bei Pöchlarn auf, denn so stellt man sich das Laden unterwegs künftig vor: ein eigener Bereich mit acht überdachten Anschlüssen, WC, Getränkeautomat und möbliertem Wartehäuschen, in dem man den Laptop aufpflanzen und die Zeit überbrücken kann. Viel davon bleibt dort bei einer maximalen Ladeleistung von 360 kW aber nicht, der Mustang nahm 105 kW, womit man in zehn, 15 Minuten fit für eine weitere längere Etappe ist.
Den sauber gefertigten Innenraum dominiert ein großes hochformatiges Display, auf dem sich ein neues, endlich auch flottes und intuitives Bordsystem entfaltet, man dankt für den massiv ausgeführten Ring darauf zur manuellen Einstellung der Lautstärke. Das bisschen Analoge macht Freude.

Fast drei Meter Radstand und in der Folge viel Platz an Bord: der Mustang Mach-E für flottes Elektro-Gleiten.
Fast drei Meter Radstand und in der Folge viel Platz an Bord: der Mustang Mach-E für flottes Elektro-Gleiten. Clemens Fabry


Der Mustang Mach-E ist ein großer, geräumiger Gleiter, der flotten Kurvenfahrten nicht abgeneigt ist, seine Thrills aber primär beim Zwischenbeschleunigen entbietet – nicht so, dass Ohnmacht droht, aber elektrotypisch saftig und ansatzlos. Für mehr Power gibt es die Allradversion und kommend eine muskulöse GT-Variante. Momentan ist aber Verfügbarkeit das erste Thema, denn wer im Lagerbestand nichts findet, muss mit sieben Monaten Lieferzeit rechnen.
Einen besseren E-Sound hätten wir uns gewünscht, auf dem Gebiet wird anderswo ja schon viel geboten. Klingt verrückt, aber ein guter Soundtrack kann einem sonst nahezu lautlosen Elektroauto sehr gut anstehen. Der Mustang wäre prädestiniert für eine knackige Elektro-Suite, eingespielt auf einer Fender oder Gibson (leider weilt Eddie Van Halen seit dem Vorjahr im Himmel der großen E-Guitarreros, er wäre passend gewesen). Let there be rock, Ford!

Ford Mustang Mach-E

Maße L/B/H 4713/1881/1624 mm. Radstand 2984 mm. Leergewicht 2111 kg. Kofferraumvolumen 402–1420 Liter hinten. Vorn 81 Liter.

Antrieb E-Motor mit Leistung max. 216 kW (294 PS), Drehmoment max. 460 Nm. Li-Io-Batterie, Kapazität, 98,7 kWh (netto 88 kWh). Ladeleistung 150 kW.
Heckantrieb. 0–100 km/h in 6,2 Sek. Vmax 180 km/h. Testverbrauch 16,8 kWh/100 km.

Preis ab 55.600 Euro (Extended Range).

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