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Die Taliban zerstören Kunst. Muss das unsere geringste Sorge sein?

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Die Hoffnung auf einen Wiederaufbau der Buddha-Statuen ist tot. Ist es zynisch, angesichts des menschlichen Leids um verlorene Kulturgüter zu trauern?

In Afghanistan geht das Licht aus: Die Taliban haben die Macht übernommen, es droht ein neues Kalifat. Begraben ist damit auch die Hoffnung, man könne die riesigen Buddha-Statuen im Tal von Bamiyan wiederaufbauen. Ihre Sprengung durch die Gotteskrieger schockierte die Weltöffentlichkeit 2001. Dabei war es den im 6. Jahrhundert aus einem roten Sandsteinfelsen herausgemeißelten Monumenten fast immer schlimm ergangen: Als die Region im 8. Jahrhundert unter islamische Herrschaft kam, verloren sie erst ihren Schmuck, dann die Hände. Vor dem Ansturm Dschingis Khans schlugen Gläubige selbst Teile der Gesichter ab, damit der Buddha ohne sein verehrtes Antlitz in die Hände der Mongolen fiel. Ein Emir ließ zu übler Letzt im 19. Jahrhundert die Geschlechtsteile von seiner Artillerie beschießen.

Vermeiden wir das Wort Vandalismus, denn die damit Punzierten waren im Vergleich zu anderen vazierenden Stämmen noch die sanfteren Gesellen. Die gesamte Geschichte der Menschheit durchziehen Schändungen von Kulturgütern, wie der Archäologe Hermann Parzinger in „Verdammt und vernichtet“ jüngst eindrucksvoll nachgezeichnet hat: Die Römer zerstörten Karthago und den Tempel von Jerusalem, die Christen radierten den antiken Götterglauben aus, Byzantiner verbrannten Ikonen, die Protestanten und französische Revolutionäre plünderten Klöster. Am gründlichsten haben wir Vernunftwesen seit der Aufklärung gewütet: die Europäer in ihren Kolonien und nach den Opiumkriegen in China, die Nazis in Osteuropa. Direkt vor Ort die ausführenden Organe von Stalin, Mao oder Pol Pot – und nun eben die Islamisten, von Palmyra bis Timbuktu.

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