Wien

Vier Millionen Euro aus Hotel Sacher abgezweigt: Haftstrafe

Das Traditionshaus im ersten Bezirk in Wien: Die Hotel-Sacher-Betriebsgesellschaft und andere Hotel-Firmen wurden geschädigt.
Das Traditionshaus im ersten Bezirk in Wien: Die Hotel-Sacher-Betriebsgesellschaft und andere Hotel-Firmen wurden geschädigt.APA/Hans Punz
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Die frühere Chefbuchhalterin des Wiener Nobelhotels Sacher wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Teil der Strafe wurde bedingt nachgesehen. Die 49-Jährige hatte zuvor ein umfangreiches Geständnis abgelegt.

Die ehemalige Chefbuchhalterin des Hotels Sacher ist am Dienstag im Straflandesgericht Wien wegen Untreue zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Zwei Drittel der Strafe wurden auf Bewährung verhängt.

Die Frau hatte von Jänner 2010 bis Dezember 2020, also gut ein Jahrzehnt lang, durch 349 Überweisungen insgesamt mehr als vier Millionen Euro abgezweigt. Ursprünglich hatte sie innerhalb des weltbekannten Hauses in der Wiener Innenstadt großes Vertrauen genossen. Sie war 31 Jahre lang dort beschäftigt gewesen. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Staatsanwalt hat bereits auf Rechtsmittel verzichtet. Anwältin Astrid Wagner, die Verteidigerin der Frau, hat allerdings drei Tage Bedenkzeit erbeten.

Fußfessel statt Gefängnis?

Man darf annehmen, dass der Spruch rechtskräftig wird und die Frau (sie hat wieder einen Job gefunden) in der zuständigen Haftanstalt einen Antrag auf die Fußfessel (elektronisch überwachter Hausarrest) stellt. Sie hat somit intakte Chancen dem Gefängnis zu entgehen.

Die Verteidigungslinie der Frau war bemerkenswert: Sie habe von Anfang an den Großteil des abgezweigten Geldes ihrem Sohn überwiesen. Dieser sei zuletzt drogenabhängig gewesen, vor allem aber soll er einen äußerst aufwendigen Lebensstil an den Tag gelegt haben. Verteidigerin Wagner: „Der Sohn war unfassbar verschwenderisch. Er hat in Dubai gefeiert, was das Zeug hält." Einmal habe der Filius zum Beispiel 18.000 Euro für eine Geburtstagsparty springen lassen.

"In unserer Familie ist es relativ turbulent zugegangen", schilderte die Angeklagte dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Peter Komenda. Sie habe für "ruhige Familienverhältnisse“ sorgen wollen und sei deshalb eingesprungen, sooft ihr Sohn finanziellen Beistand benötigte.

Vermummt vor dem Richter

Immer wieder habe dieser von Drogen-Schulden berichtet und dass die Mafia hinter ihm her sei und Schutzgeld verlange: "Ich wollte ihn immer zufriedenstellen." Mitunter sei er zusammengeschlagen worden. "Er ist mit blauen Flecken nach Hause gekommen", berichtete die 49-Jährige, die mit einem um den Kopf geschlungenen Tuch, Mund-Nasen-Schutzmaske und Sonnenbrille in den Gerichtssaal gekommen war. 

Schon als Schüler habe der Sohn Riesenprobleme gehabt. Drei Mal sei er von Schulen verwiesen worden. Aber: „Er sollte sehen, man tut alles für ihn.“ So rechtfertigte die Mutter ihre Geldabzweigungen. Zudem habe er Teile des übermittelten Geldes in Casinos verspielt. 

Der Staatsanwalt und der Richter zweifelten allerdings daran, dass der Bub bereits als Zwölfjähriger drogenabhängig war oder besonders großen Geldbedarf hatte. Denn als er in diesem Alter war, begannen bereits die ersten illegalen Transkationen der Mutter.

Ihre Machenschaften flogen Mitte Jänner 2021 auf - der Bank der Hotel-Gruppe fielen fragwürdige Überweisungen auf, zunächst wurde Geldwäsche vermutet und eine diesbezügliche Meldung erstattet.

„Es war ein Multi-Organ-Versagen"

Der seit 2014 tätige Geschäftsführer der Hotel-Gruppe, Matthias Winkler, hielt als Zeuge fest: "Es ist allen Experten nicht aufgefallen. Dem Wirtschaftsprüfer nicht, dem Bilanzersteller nicht, Generationen von Geschäftsführern nicht." Was die interne Kontrolle betreffe, "müssen wir letzten Endes von einem Multi-Organ-Versagen ausgehen", räumte Winkler ein.

Es habe zwei Untreue-„Muster“ gegeben. Einmal habe die Frau Gelder, die von einer Sacher-Gesellschaft an eine andere ("von Sacher eins an Sacher zwei") überwiesen werden sollten, abgezweigt. Dabei habe sie zwar auf die Belege den richtigen Zahlungszweck aber die falsche Kontonummer (nämlich ihre eigene) geschrieben. Und zum anderen habe sie etwa Handwerker-Rechnungen verwendet, um das geforderte Geld anstatt gleich dem Handwerker vorerst sich selbst zu überweisen. Dass dies so lange nicht auffiel, habe sie selbst gewundert, räumte die Angeklagte ein. „Es ist dem Steuerprüfer nicht aufgefallen. Es ist dem Wirtschaftsprüfer nicht aufgefallen. Wir hatten auch Finanzprüfungen. Dabei ist es auch nicht aufgefallen."      

Die 49-Jährige hat einen kleinen Teil des angerichteten Schadens gutgemacht. 100.000 Euro überließ sie dem Hotel, als ihr Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde. Seither hat sie weitere zwei Überweisungen zu je tausend Euro getätigt. Dass sie den Schaden je wird gutmachen können, sei nicht zu erwarten, so der Richter. Ihren Mann und ihren Sohn nahm die Frau bis zuletzt in Schutz. Diese hätten von der Herkunft der Gelder bzw. den Summen, die sie verschwinden ließ, nichts gewusst.

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