Wien

Anrufe ignoriert? Debatte um Missstände in MA 35

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Ein anonymer Mitarbeiter berichtete davon, dass in der Magistratsabteilung 35 bewusst niemand das Telefon abheben würde. Es häufen sich Beschwerden über nicht bearbeitete Fälle.

Über die für Einwanderung und Staatsbürgerschaft zuständige Wiener Magistratsabteilung 35 häufen sich Beschwerden über monatelang nicht bearbeitete Fälle. Der zuständige NEOS-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr kündigte am Dienstag eine Beschleunigung der Verfahren und eine Aufstockung des Personals um zehn Prozent an.

Der freiheitliche Volksanwalt Walter Rosenkranz hatte bereits vor rund drei Wochen beklagt, dass Akten monatelang unbearbeitet liegenbleiben. Es gebe sogar Fälle bis zu zwei Jahren, "wo der Akt einfach außer Staub angesetzt hat gar nichts passiert ist", hatte Rosenkranz kritisiert.

Obwohl auf jedem Schriftstück und E-Mail der MA 35 steht, dass man sich ab 13 Uhr telefonisch beim zuständigen Referenten erkundigen könne, hebe niemand in dem Amt das Telefon ab, erklärte ein Mitarbeiter der Behörde, der anonym bleiben wollte, am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal": "Die Telefone läuten bei uns tatsächlich den ganzen Tag. Abgehoben wird eigentlich so gut wie nie, außer wir können sehen am Display, dass es eine interne Nummer ist oder ein Vorgesetzter, ansonsten wird das Telefon ignoriert."

Anonymer Bericht

Der anonyme Mitarbeiter begründete dies mit einem "Dominoeffekt": "In dem Moment, wo einer unserer Referenten einmal das Telefon abhebt und eine Frage beantwortet, spricht sich das herum und das führt dann dazu, dass ganz viel Antragsteller blitzschnell informiert werden und die dann alle den Eindruck haben, sie könnten jetzt bei uns Antworten bekommen und ihre Anliegen werden bearbeitet und die kommen dann direkt persönlich am nächsten Tag und dann ist quasi das ganze voll."

In den meisten Fällen gehe es um die Verlängerung von Aufenthaltsgenehmigungen. Der anonyme Mitarbeiter verwies darauf, dass diese Menschen ohne Visum ihre Jobs verlieren, vom AMS kein Geld bekommen, kein Kindergeld und keine Familienbeihilfe beziehen können.

Wiederkehr bestätigte am Dienstag "Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit" in einigen Bereichen der MA 35. Es sei ihm auch die Frustration der Antragsteller und die Belastung der Mitarbeiter bewusst, sagte der zuständige NEOS-Stadtrat im Ö1-"Mittagsjournal". Er begründete die Zustände ebenso wie zuvor schon der Leiter der MA 35 mit der Corona-Pandemie, in der praktisch kein direkter Kundenkontakt möglich gewesen sei und deshalb alles über Brief- oder Mailverkehr bzw. telefonisch erledigt werden musste. Bei über 150.000 Verfahren pro Jahr insgesamt sei das eine sehr große Herausforderung,

Um die Verfahren zu beschleunigen, habe man aber bereits das Personal aufgestockt. 25 zusätzliche Mitarbeiter hätten bereits den Dienst aufgenommen, für weitere 25 gebe es fixe Zusagen, aber die Einarbeitung der Mitarbeiter dauere auch wegen der komplizierten Bundesgesetze rund ein halbes Jahr. Darüber hinaus werde gerade eine telefonisches Service-Center eingerichtet. Zu Berichten, dass die Abarbeitung des Rückstaus bis Ende nächsten Jahres dauern werde, versicherte Wiederkehr, dass mit Hochdruck gearbeitet werde.

„Völliges Chaos"

Der Klubobmann der Wiener FPÖ, Maximilian Krauss, sprach von "völligem Chaos" und einem hausgemachten Problem. Die Behörde versinke in einer Flut von Aufenthaltsbewilligungen, die auf eine falsche Anreizpolitik im Sinne der Massenzuwanderung zurückzuführen sei. Krauss forderte in einer Aussendung eine Komplettreform der Wiener Einwanderungsbehörde.

Auch der Verfassungssprecher der Wiener ÖVP, Patrick Gasselich, sprach von einem jahrzehntelangen SPÖ-Versagen in der Wiener Einwanderungsbehörde. Das angekündigte telefonische Servicecenter müsse sofort umgesetzt werden. Und auch die von Wiederkehr angekündigte Analyse der Arbeitsabläufe dürfe nicht mehr länger auf sich warten lassen, forderte Gasselich in einer Aussendung.

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