China hofft, dass der Abzug des US-Militärs aus Kabul der „abtrünnigen Provinz“ Taiwan Angst einflößt. Doch Taipehs Premier zeigt sich kampfbereit.
Chinas Propagandamedien hatten ihre Freude am Scheitern der USA am Hindukusch. Vor allem versuchten sie nach dem Abzug des US-Militärs aus Kabul krampfhaft, eine Parallele zu einem weiteren Bündnispartner Washingtons zu ziehen: „Heute Afghanistan, morgen Taiwan?“, lautete die Überschrift eines Artikels der nationalistischen „Global Times“. Und darin stellte der Autor die rhetorische Frage, ob die jüngsten Ereignisse in Afghanistan „ein Omen für das zukünftige Schicksal“ des Inselstaates Taiwan seien.
Der Vergleich zwischen einem gescheiterten Krisenstaat mit einer wirtschaftlich hocherfolgreichen Demokratie hinkt natürlich. Und doch stellt sich für die Regierung in Taipeh immer dringlicher die Frage, wie sie mit den jahrzehntealten Drohungen aus China umgehen soll. Denn unter Xi Jinping wird das Szenario einer militärischen Zwangsvereinigung zunehmend real.