Flüchtlinge

Nehammer: "2015 darf sich auf keinen Fall wiederholen"

Karl Nehammer
Karl Nehammer(c) imago images/SEPA.Media (Martin Juen via www.imago-images.de)
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Der Innenminister bleibt dabei, dass Österreich weiter nach Afghanistan abschieben werde.

„Österreich schiebt weiter Afghanen nach europarechtlichen Möglichkeiten ab." Das hat Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch in Wien im Vorfeld des Online-Sondertreffens mit seinen EU-Amtskollegen bekräftigt. Dabei werde er Abschiebezentren in den Nachbarländern Afghanistans vorschlagen. Die EU müsse den Zielländern "Rahmenbedingungen" geben und "Verhandlungen auf Augenhöhe" führen. Es sei wichtig, dass "Rechtstaatlichkeit glaubwürdig ist", so der Innenminister weiter.

Nehammer erklärte, Österreich beheimate mit aktuell 44.000 Afghanen die - bezogen auf die eigene Bevölkerung - bereits zweitgrößte afghanische Gemeinschaft in der EU. Weitere Belastungen lehne er ab, so der ÖVP-Politiker.

Auf die Frage, warum er glaube, dass die Nachbarstaaten des Krienstaats, die ohnedies schon mit einer verstärkten Fluchtbewegung konfrontiert seien, auch noch aus Österreich abgeschobene Afghanen aufnehmen sollten, erklärte Nehammer: "Weil das die sinnvollste Hilfe ist." Es sei dort auch noch "deutlich Luft nach oben", was die Aufnahme der Schutzsuchenden betrifft.

Eine "klare Einigkeit" unter den EU-Staaten gebe es darüber, dass sich „2015 auf keinen Fall wiederholen“ dürfe. Um eine weitere derartige  Migrationskrise zu verhindern, brauche es ein "koordiniertes und geschlossenes" Vorgehen. Österreich werde sich "entsprechend einbringen".

Dabei verwies er auf Hilfe vor Ort. Die Unterstützung aus dem Auslandskatastrophenfonds in Höhe von drei Millionen Euro sei "nicht das Ende, sondern der Anfang", betonte Nehammer. Ziel muss" es sein, den Großteil der Menschen in der Region zu halten, aber gleichzeitig auch den Ländern, die diese Hilfe leisten, sie werden dabei nicht im Stich gelassen". Diese Hilfe unterstreiche hier "besonders den Geist der Genfer Flüchtlingskonvention", so der Innenminister.

Rendi-Wagner: "Symbolpolitik ohne Inhalte"

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wirft der Bundesregierung angesichts der Situation in Afghanistan "Symbolpolitik ohne Inhalte" und "Themenverfehlung" vor. Statt zu versuchen, die Krise zu lindern, werde über Abschiebungen diskutiert, kritisierte Rendi-Wagner am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Sie forderte eine internationale Afghanistan-Konferenz in Wien, einen EU-Sonderbeauftragten und einen Flüchtlingsdeal mit den Nachbarstaaten in der Region.

Dass die Regierung am Tag der Machtübernahme der Taliban damit beschäftigt gewesen sei, wie man Leute dorthin abschieben könne, "das ist skurril, das ist unfassbar, das ist verantwortungslos", findet die SPÖ-Chefin. Auch kritisierte sie, dass sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht äußere. Dieses "jämmerliche Schauspiel" der Regierung sei "beschämend", meinte auch SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner.

"Das ist ein Sieg der Taliban, einer Terrororganisation, über den Westen", ortete Rendi-Wagner in der Situation nicht nur eine humanitäre, sondern auch eine "außenpolitische Katastrophe". Österreich und die EU müssten nun eine führende Rolle einnehmen, um die Menschen auf der Flucht bestmöglich zu unterstützen und zu einer Stabilisierung in Afghanistan beizutragen.

Notwendig sei ein EU-Sonderbeauftragter für Afghanistan, der auf Augenhöhe Verhandlungen führen könne. Hilfsgelder müssten an Bedingungen geknüpft sein, etwa Sicherheit für die Bevölkerung, Anerkennung der Menschenrechte, allen voran der Rechte für Frauen und Mädchen, sowie Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, forderte Rendi-Wagner. Um Frieden und Stabilität in Afghanistan zu erreichen, schlägt sie außerdem Verhandlungen in Österreich als neutralem Vermittlungsort vor.

Um Flüchtlinge in der Region unterzubringen, solle die EU Kooperationen schließen, meinte Rendi-Wagner. Es gehe um "eine Art Türkei-Deal" mit den Nachbarstaaten Afghanistans für sichere Schutzzonen, um unkontrollierte, gefährliche Fluchtbewegungen nach Europa zu verhindern. Forderungen nach speziellen Aufnahmeprogrammen für besonders Gefährdete wollte sich Rendi-Wagner auf Nachfrage nicht recht anschließen. In erster Linie gehe es darum, österreichische Staatsbürger und Ortskräfte, die seit Jahren mit Europa zusammengearbeitet haben, schnell aus der Gefahrenzone und nach Österreich zu bringen. Besonders bedrohte Personengruppen, etwa wegen ihres Berufs, sollten aber bevorzugt behandelt werden, ergänzte sie.

(APA/Red.)

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