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Sieben Filme, die helfen, Afghanistan zu verstehen

Einst eine Großmacht, später ein Hippie-Sehnsuchtsort, nun zum zweiten Mal unter der Herrschaft der Taliban: Vom Leben und Leiden in Afghanistan erzählen auch Filme – von der Kabul-Komödie bis zum Animationsmärchen.

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Afghanistan. Das verwundete Land

. . . zeigt, wie es so weit kommen konnte
Vierteilige Doku, zu sehen in der Arte-Mediathek

Jazzmusik, unverschleierte Mädchen beim Tanzen, haschischrauchende Hippies, glamouröse Feste mit Gästen aus aller Welt, das war Afghanistan in den 1960er-Jahren. Der Vierteiler verfolgt den Weg vom Königreich zur kommunistischen Infiltration und schließlich zum Krieg mit den Sowjets. Sie scheiterten wie die Briten und jetzt die USA an diesem Land stolzer Rebellen, deren Lebensbasis die Religion ist – die aber nicht immer so radikal und menschenfeindlich agierten wie heute. Afghanistan war einst eine Großmacht im Herzen Asiens und eine Handelsnation, durch die wichtige Verkehrswege zwischen Ost und West führten. Die Dokumentation zeigt die Schönheit der wilden Landschaft, fröhlicher Kinder, Studentinnen. Zeitzeugen der Umwälzungen und Umstürze kommen zu Wort, etwa die Ärztin Sima Samar, deren Mann verhaftet wurde und bis heute verschollen bleibt, die Journalistin Zohra Yousouf oder der greise Mudschaheddin-Führer Gulbuddin Hekmatyār. Was man sieht: Nicht nur gierige Kolonialisten, auch die afghanischen Machthaber selber mit ihrem Ignorieren sozialer Probleme, ihrer Korruption und ihrer Liebedienerei gegenüber dem Westen tragen Schuld an der jetzigen schrecklichen Situation. (bp)

Kabullywood

. . . zeigt, warum die Hoffnung zuletzt stirbt
Spielfilm, zu sehen im Amazon-Abo

Vier Studenten in Kabul beschließen, ein traditionsreiches geschlossenes Kino wiederaufzubauen, für kulturellen Widerstand gegen die ständige Bedrohung durch die Taliban: Vom tragisch verlaufenden Ringen junger Menschen um Freiheit und selbstbestimmte Liebe nicht nur gegen die Politik, sondern auch gegen die eigenen Väter und Brüder erzählt hier ungekünstelt und eindrücklich der französische Regisseur Louis Meunier. Er greift auf eigene Erfahrungen zurück: Jahre nach einer Afghanistan-Durchquerung auf dem Pferd renovierte er 2014 das größte afghanische Kino, um daraus ein Kulturzentrum zu machen. (sim)

Der Brotverdiener

. . . zeigt, warum so viele fliehen wollen
Animationsfilm, zu sehen auf Netflix

Kein Mann im Haus, die Vorratskammer leer. Und auf den Straßen Taliban, die Frauen verbieten, ihr Haus allein zu verlassen. Die elfjährige Parvana steht vor einem Scherbenhaufen, nachdem ihr Vater verhaftet wurde. Inspiriert von einer Freundin schneidet sie sich die Haare ab und zieht als Bub los, um Reis für die Familie kaufen zu können. In märchenhaften Bildern und doch auch hoffnungsvollen Tönen erzählt der Animationsfilm vom Leben und Träumen im Schicksalsjahr 2001, als endete, was jetzt wieder begann: Die Herrschaft der Taliban. (rovi)

Osama

. . . zeigt, warum Frauen in Gefahr sind
Spielfilm, zum Leihen/Kaufen auf Amazon (ab € 2,99)

Die Unterdrückung von Mädchen und Frauen durch die Taliban schilderte der Iraner Mohsen Makhmalbaf in „Reise nach Kandahar“. Er produzierte auch dieses Drama des afghanischen Regisseurs Siddiq Barmak. Dessen Handlung weist Parallelen zu „Der Brotverdiener“ auf, ist aber viel herber in seinem Porträt des patriarchalen Mullah-Regimes. (and)

Anaconda Targets

. . . zeigt, was „Luftunterstützung“ bedeutet
Kurzdoku, kostenlos zu sehen im Online-Fundus UbuWeb

Kaum weniger verstörend als das WikiLeaks-Skandalvideo „Collateral Murder“ ist dieses vom Kunstfilmer Dominic Angerame „präsentierte“ Dokument eines Luftangriffs in Afghanistan. Knapp und brutal bringt es die distanzierte Effizienz moderner Kriegsführung auf den Punkt. Und zeigt, warum sich die Taliban bis zum US-Abzug zurückhielten. (and)

Operation: 12 Strong

. . . zeigt, warum Biden den Rückzug wählte
Spielfilm, zu sehen auf Netflix

Ein Trupp typischer US-Helden (angeführt von Chris Hemsworth), knallhart, doch mit goldenem Herzen, schleicht durch die Berge. Plötzlich: Eine Attacke! Schnell werden die zwei Turban-Träger erlegt. Aber leider, es waren die Falschen, Späher der befreundeten Miliz. „12 Strong“ ist ein interessanter Propagandafilm. Er zeigt: Ein Krieg mit so vielen Playern ist nicht zu gewinnen. (bp)

This Is What Winning Looks Like

. . . zeigt, warum die Nationalarmee versagte
Doku, zu sehen auf Youtube

Tiefes Misstrauen, Korruption, Polizisten auf Heroin, unfähige wild herumballernde Soldaten, systematischer und geduldeter Missbrauch von Buben („Wen sollen sie denn sonst f***? Ihre Großmutter?“, fragt ein afghanischer Polizeichef): Ben Andersons Doku von 2013 ist ein erschütterndes und sehenswertes Zeitdokument, das jetzt gern zitiert wird, um das Geschehen in Afghanistan zu erklären. Mittendrin: der zunehmend verzweifelte geradlinige US-Marine Major Steuber, dessen Militärkarriere inzwischen vorbei ist, weil er nicht aufhören wollte, den Kindesmissbrauch zu melden. (her)

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