Amerikas Ruf ist schwer beschädigt, die Rückkehr von Al-Qaida und IS möglich – und sogar eine Neuordnung in Nahost zugunsten des Irans, Russlands und Chinas.
Die USA haben seit ihrem teils chaotischen Abzug aus Afghanistan alle Hände voll zu tun, um verunsicherte Verbündete im Nahen Osten zu beruhigen. Präsident Joe Biden hat den israelischen Premier, Naftali Bennett, gleich für kommende Woche nach Washington eingeladen. Außenminister Antony Blinken telefonierte mit Politikern und Diplomaten in Saudiarabien, Kuwait und Katar.
Dass sich die westliche Führungsmacht, wie es vielen erscheint, fluchtartig aus einer Region zurückzieht, die ihr bis vor Kurzem so wichtig war, gibt Ländern von Ägypten bis zum Persischen Golf zu denken, denn Washington zieht auch aus dem Nahen Osten generell immer mehr Streitkräfte ab. Die USA haben jedenfalls viel Glaubwürdigkeit verspielt – Russland oder China könnten davon profitieren.
US-Partner in der Region befürchten eine „umfassende Abwendung“ der USA vom Nahen Osten, sagt Itamar Rabinovich, ein früherer Botschafter Israels in Washington. Um die Verbündeten vom Gegenteil zu überzeugen, brauche Amerika jetzt ein „starkes Signal“ in der Region, schrieb Rabinovich in einem Kommentar für die Denkfabrik Brookings Institution. Als Beispiel nannte er einen überzeugenden Erfolg bei den Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran. Danach sieht es freilich nicht aus: Teheran treibt die Uran-Anreicherung voran und nähert sich dem Konzentrationswert, der für den Bau einer Atombombe nötig ist. Bidens Gast Bennett lehnt das Atomabkommen ohnehin ab.