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Chipmangel setzt Autoindustrie zu

Auch Mercedes muss die Produktion zurückfahren
Auch Mercedes muss die Produktion zurückfahren(c) imago images/Arnulf Hettrich (Arnulf Hettrich via www.imago-images.de)
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Toyota muss die Produktion im September wegen des Mangels an Computerchips fast halbieren. Daimler, VW und Audi schicken Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit.

Wien. „When it rains it pours“, sagen die US-Amerikaner und meinen damit, dass eine schlechte Nachricht selten allein kommt. Erst setzten die Lockdowns während der Coronapandemie der Autoindustrie zu: Fabriken mussten geschlossen werden, die Neuwagen standen mangels Kunden wochenlang unverkauft bei den Händlern. Als Folge brachen die Zulassungen im vergangenen Jahr um fast ein Viertel ein.

Jetzt zieht die Nachfrage wieder an – nur fehlen die Autos, die wegen des Mangels an Computerchips nicht fertiggestellt werden können. Die Engpässe bei den Chips werden noch dramatischer, weil Corona-Ausbrüche in Südostasien, etwa in Malaysia, zu erneuten Fabrikschließungen bei den Chipherstellern führen.

Zehntausende in Kurzarbeit

Diese Woche gab der weltgrößte Autobauer, Toyota, bekannt, die Produktion im September dramatisch zurückfahren zu müssen. Statt 900.000 Fahrzeugen werden weltweit nur etwa 500.000 produziert werden. Als Folge gaben nicht nur die Papiere des japanischen Herstellers nach,sondern auch jene der europäischen Autobauer. Die Talfahrt setzte sich auch am Freitag fort: Die Aktie von BMW gab teilweise um mehr als zwei Prozent nach, VW verlor fast zwei Prozent und Daimler (Mercedes) büßte am Freitag noch ein knappes Prozent an Wert ein.

Bei Toyota sind aktuell 14 Fabriken vom Chipmangel betroffen und damit mehr als bisher. Die Japaner waren dank Vorratshaltung besser als andere Hersteller durch die Chipkrise gekommen, sie hatten aber bereits davor gewarnt, dass die Engpässe anhielten. Produktionskürzungen von fast 50 Prozent im September kommen jedoch überraschend. Die Absatzprognose von 8,7 Millionen Fahrzeugen für 2021 hat Toyota kürzlich bekräftigt.

Auch bei deutschen Autobauern stockt die Fertigung. So kann das VW-Stammwerk Wolfsburg nach der Sommerpause in der kommenden Woche nur eingeschränkt wieder starten. „Auf allen Fertigungslinien wird nur in einer Schicht produziert“, gab ein Sprecher bekannt.

Bei Audi stehen die Bänder in Deutschland ebenfalls weiterhin still. In Ingolstadt und Neckarsulm müssen rund 10.000 Beschäftigte ihren Sommerurlaub verlängern und sind in Kurzarbeit, weil Halbleiter fehlen. Wie ein Unternehmenssprecher sagte, können mehrere Tausend eingeplante Autos nicht gebaut werden. Im Stammwerk Ingolstadt wird bis zum 30. August gar nicht produziert.

Für September hat Audi ebenfalls vorsorglich Kurzarbeit angemeldet, aber zugleich Zusatzschichten an mehreren Wochenenden geplant. Der Hersteller hat volle Auftragsbücher, konnte aber im ersten Halbjahr wegen Teilemangels 50.000 Autos nicht bauen.

Auch Mercedes-Benz drosselt die Produktion in den Werken Bremen, Rastatt und Sindelfingen. Bei BMW dagegen soll es einem Sprecher zufolge nach den Sommerferien planmäßig wieder losgehen.

Werden Autos teurer?

Die Boston Consulting Group (BCG) hat errechnet, dass in diesem Jahr zwischen sieben und neun Millionen Autos aufgrund von Halbleiterknappheit nicht produziert werden können. Allein im ersten Quartal betrug der Produktionsausfall laut BCG etwa 1,4 Millionen Autos, im zweiten Quartal 2,6 Millionen.

Als Folge der Produktionsengpässe könnte es bis zum ersten Halbjahr 2022 einen Engpass bei Neuwagen geben. Dies könnte zu einer Verteuerung führen, möglich sei eine Preissteigerung bei Pkw um drei bis sechs Prozent, besagt eine Studie der Kreditversicherung Acredia und Euler Hermes.

(ag.)

("undefined", Print-Ausgabe, 21.08.2021)

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