Sie gerät immer an die Falschen, er liebt nur die, die er nicht haben kann. Die Zahl der Menschen mit Bindungsängsten wächst. Haben wir verlernt, die Nähe von anderen zu ertragen?
Jeder hat sie in seinem Freundes- oder erweiterten Bekanntenkreis: Da gibt es Marion, die grundsätzlich an die Falschen gerät. Er ist verheiratet? Oder gar nicht in sie verliebt? Marion zieht diese Art von Mann magisch an. Dann sitzt sie auf der Couch der besten Freundin und in endlosen Gesprächen wird immer wieder durchgekaut, was von Anfang an klar war: Er wird seine Frau nicht verlassen oder sich in sie verlieben.
Dann gibt es auch noch Matthias. Ein fescher Kerl, wie seine weiblichen (platonischen) Freundinnen sagen. Nur Matthias ist kein „boyfriend material“. Nicht geeignet für eine Beziehung. Er möchte alle, aber keine wirklich. Ein-, zwei-, dreimal miteinander schlafen: danke, es reicht. Auf Tinder findet man ja auch schnell jemanden. Er ist gern Single. Michael hingegen führt prinzipiell nur Fernbeziehungen. Bewusst oder unbewusst, er findet Frauen, die mindestens 100 Kilometer entfernt von ihm wohnen, attraktiv. Weil er weiß, dass sie unabhängig sind, dass sie ein Leben abseits von ihm haben und am Wochenende gibt es Honeymoon-Gefühl pur. Zieht eine Freundin dann doch in die gleiche Stadt, wird ihm ganz mulmig. Am Ende ist Schluss.
Fang mich, wenn du kannst. Was Marion, Matthias und Michael gemeinsam haben, ist wahrscheinlich eine Form von Bindungsangst. Zumindest wenn es nach Psychologen geht. Glaubt man deren Aussagen, so ist die Zahl der bindungsängstlichen Menschen in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Gleichzeitig – so lautet eine These – haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geändert. Bindungsängste sind leichter auszuleben.