Prozesstag 5

Strache: "Ich habe in meinem Leben noch nie einen Vorteil erhalten"

Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache am fünften Prozesstag im Großen Schwurgerichtssaal
Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache am fünften Prozesstag im Großen SchwurgerichtssaalAPA/GEORG HOCHMUTH
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Hat sich der Ex-FPÖ-Chef der Bestechlichkeit schuldig gemacht? Heinz-Christian Strache bestreitet das. Ein Schönheitschirurg sowie freiheitliche Wegbegleiter schildern im Wiener Straflandesgericht ihre Wahrnehmungen.

„Ungerechtigkeiten“, „fast kafkaeske“ Praktiken sowie die Befragung von fünf Zeugen standen am fünften Verhandlungstag im Prozess gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und den Eigentümer der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, im Wiener Landesgericht für Strafsachen auf der Agenda. Ebenso ein Ausblick: Am Freitag dürfte in der Causa das Urteil fallen. Doch worum geht es überhaupt?

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Strache vor, sich – im Gegenzug für Spenden und Einladungen –, für ein Gesetz zugunsten Grubmüllers Klinik eingesetzt zu haben. Konkret soll er nicht nur eine Pressekonferenz zu dem Thema abgehalten, sondern auch einen Initiativantrag und letztlich ein für seinen Freund günstiges Gesetz ins Rollen gebracht haben. Beide bestreiten das.

Fest steht: Seit 2009 bemühte sich Grubmüller darum, dass seine Klinik in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) aufgenommen wird, um medizinische Leistungen direkt mit den Sozialversicherungen abzurechnen. Im Jänner 2019 wurde sie aufgenommen – nachdem die von Dezember 2017 bis Mai 2019 im Amt befindliche ÖVP-FPÖ-Regierung eine Gesetzesänderung beschlossen und die Fondsmittel aufgestockt hatte. Fest steht auch: Grubmüller spendete 2016 und 2017 an die FPÖ, einmal 2000, einmal 10.000 Euro. Und: Strache verbrachte 2016 einen Urlaub in Grubmüllers Anwesen auf Korfu – und flog in dessen Privatjet mit.

Bestechlichkeit und Bestechung ortet deswegen Oberstaatsanwältin Silvia Thaller. Falsche Vorwürfe sehen Strache und Grubmüller. Letzterer betont, der FPÖ aus Frust über die SPÖ gespendet zu haben. Ersterer beteuert: „Ich habe in meinem Leben noch nie einen Vorteil erhalten“, Rechnungen stets bezahlt und sich Grubmüllers Thema nur angenommen, weil es ihm wichtig sei, Ungerechtigkeiten aufzuzeigen.

De facto „chancenlos“ 

Dazu befragt wurden am Montag nun einige Wegbegleiter des Ex-Politikers: zuerst der frühere Abgeordnete Johannes Hübner (FPÖ). Der Rechtsanwalt schilderte, dass ihn Strache einst gebeten habe, sich das Thema Prikraf anzuschauen. Hübner tat das und stellte „Missstände“ fest. Etwa, dass die für die Aufnahme von Kliniken in den Fonds zuständige Fachgruppe in der Wirtschaftskammer von Julian H. geleitet werde, Mitgründer der PremiQaMed, die selbst Privatkliniken betreibt und „das meiste Geld“ aus dem Fonds erhalte. Aufgrund dieser „Ungerechtigkeiten“ habe die FPÖ im Februar 2017 eine Pressekonferenz abgehalten, im Juni einen Initiativantrag eingebracht und die „Öffnung des Prikraf“ gefordert.

Geworden sei daraus freilich nichts, meinte nicht nur Hübner, sondern auch Straches damalige Pressesprecher G. Denn: „Ein Initiativantrag einer Oppositionspartei ist nichts Großartiges“, sondern „chancenlos“, sagte G und brachte Richterin Claudia Moravec-Loidolt damit ebenso zum Staunen wie mit der Aussage, dass das Thema Prikraf/Währing damals niemandem wirklich wichtig gewesen sei: „Also es interessiert eigentlich keinen, obwohl es vom Chef (Strache, Anm.) kommt? Ich würde mich aufregen, wenn ich der Chef wäre“, kommentierte die Vorsitzende.

Sehr unaufgeregt war indes Peter Fichtenbauer. Er habe mit der Causa nie etwas zu tun gehabt, betonte der Freiheitliche – obgleich Strache vor Gericht gemeint hatte, ihn und Hübner mit deren Prüfung beauftragt zu haben. „Da ist Strache nicht mehr up to date, ich weiß, er war ein Virtuose im SMS-Schreiben, aber“ er sei von 2013 bis 2019 Volksanwalt gewesen, erläuterte Fichtenbauer. Und habe in der Zeit nichts mehr mit dem parlamentarischen Geschehen am Hut gehabt.

Worseg: „Wir haben einen Fernseher ohne Programm“

Sehr wohl mit dem Prikraf zu tun hatte und hat der vierte Zeuge – ein Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium. Er sei bei einer Besprechung zwischen der damaligen blauen Ressortchefin Beate Hartinger-Klein, dem damaligen Vizekanzler Strache und Helmut Grubmüller (dem Bruder und Anwalt des gleichnamigen Angeklagten) dabei gewesen. Da sei es aber nur allgemein um den Fonds gegangen. Ob dessen finanzielle Aufstockung mit der letztlich geglückten Aufnahme der Privatklinik Währing in Zusammenhang stehen könnte, wisse er dennoch nicht.

Zuletzt wurde der Schönheitschirurg Artur Worseg befragt. Er gab zu Protokoll, 2016 auf Urlaub in Korfu gewesen zu sein – im Anwesen Grubmüllers, bei Anwesenheit Straches. Mit beiden sei er befreundet und entsprechend bekannt mit dem Thema Prikraf: Er habe, seit er die Leitung der Privatklinik 2016 übernommen habe, schon zig Gespräche geführt, um einen Direktverrechnungsvertrag zu bekommen, ständig werde er aber im Kreis geschickt. „Es war fast kafkaesk“, schilderte er. Denn: Mittlerweile sei man zwar im Prikraf, könne aber immer noch nicht direkt abrechnen: „Wir haben heute einen Fernseher ohne Programm.“

Über letzteres sehr wohl verfügt hingegen Moravec-Loidolt: Am Freitag sollen der Richterin zufolge im Großen Schwurgerichtssaal Verlesungen stattfinden, Plädoyers abgehalten und ein Urteil verlautbart werden – „wenn nichts dazwischen kommt“.

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