Pizzicato

Wie man Mut erstickt

Greber
  • Drucken

Von einem Vorfall mit einem jungen Mädchen auf einem Baumwipfelpfad, der irgendwie beispielhaft für gewisse soziale und psychologische Seltsamkeiten und Unterschiede sein könnte.

Schauplatz: Ein Baumwipfelpfad im Allgäu ganz dicht an der Grenze zu Vorarlberg. Sie wissen, Baumwipfelpfade sind so lustige Wege, die hoch zwischen den Bäumen und sogar darüber hinweg führen. (Wer's genau wissen will: siehe hier).

An einer bestimmten Stelle in vielleicht 15 Metern Höhe kommt ein Abstieg: Dort kann man entweder über eine Treppe oder durch eine gewundene Röhrenrutsche aus Blech hinunter. Kinder lieben diese Rutsche meist. Davor stehen nun also ein Mädchen (etwa sieben), seine Mama und (vermutlich) die Oma.

„Wie tun wir?", sagt die Mutter, „also ich nehm die Treppe." „Juhu, ich nehm die Röhre", sagt das Mädchen. „Okay, gut", sagt die Mutter.

Das Kind geht auf die Öffnung zu. Da beginnt es: „Hm, bist dir sicher?", raunt eine der Frauen. – „Ja." – „Das sieht aber wild aus." – „Äh." – „Da kannst sicher nicht bremsen drin. Und es ist dunkel." – Kind zögert. – „Die Treppe ist sicher besser. Also ich gehe dort." – Kind schaut. Sagt: „Hm." – „Das ist doch sicher gefährlich, die Röhre. Also ich tät mich das nicht trauen. Komm doch lieber mit uns. Das ist besser." Und so weiter.

Am Ende nimmt das Mädchen die Treppe.

„Kannst dich erinnern an die G'schicht kürzlich", sagt danach meine Frau zu mir, „wo ihr in der ,Presse' und der ORF und so wieder einmal berichtet habt, dass der Frauenanteil bei technischen Studien und in Naturwissenschaft so klein ist? Ich glaub, wir haben grad einen Mitgrund dafür gesehen, dass vieles halt einfach so ist, wie es ist." (wg)

wolfgang.greber@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.