Die Übernahme von Sturmingers „Tosca"-Inszenierung von den Osterfestspielen 2018 enttäuscht: Anna Netrebko und Yusif Eyvazov liefern auf ihrem jeweiligen Niveau bloß Routine.
Das Messer! Das war ein spannender Moment in der Premiere dieser „Tosca“, damals bei den Osterfestspielen Salzburg 2018. Im „Vittoria!“-Gerangel hat Cavaradossi Scarpias Esstisch umgestoßen. Fürs Aufräumen ist der Security-Chef Spoletta nicht zuständig, aber sein Blick fällt auf das Besteck – und er steckt das scharfe Messer ein. Plötzlich schreckten damals auch gelangweilte Kenner auf: Wo würde Tosca jetzt ihre Waffe herbekommen? Für kurze Zeit entstand ein Thrill, man begann zu suchen: Ist das eine Obstschale dort links bei der Couch? Könnte da? Aber dann verpuffte die Spannung in der allerbanalsten Auflösung: Spoletta hat halt ein Messer übersehen, Tosca findet es, und alles nimmt seinen gewohnten Gang.
Schade: Für subtile, clevere Varianten der Erzählung des sattsam Bekannten hat sich der in Salzburg unverzichtbar erscheinende Regisseur Michael Sturminger nicht interessiert. Dafür hat er das Stück mit drastischen, einschneidenden Mitteln aufpoliert – wobei er, soviel sei vorweggenommen, das Ende dieser „Tosca“ für die Übernahme ins Sommerprogramm mit anderer Besetzung sogar überarbeitet hat, so wie seine komplette „Jedermann“-Inszenierung. Aber was hat es letztlich gebracht? Hätte Anna Netrebko die Generalprobe nicht krankheitsbedingt absagen dürfen? Wäre dann nicht alles so sehr in Routine versunken, dass diesmal nicht einmal das Potenzial für ein aufregend anderes Detail rund ums Messer auffiel?