Strache-Prozess: Kernvorwurf wird „unbedeutender“

Heinz-Christian Strache im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien.
Heinz-Christian Strache im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien.APA/GEORG HOCHMUTH
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Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagte seiner Richterin, er sei nur „Vermittler“ gewesen. Zeugen brachten kaum Aufschlüsse.

„Ich habe das Gefühl, wenn wir noch ein paar Tage verhandeln, wird die Privatklinik Währing immer unbedeutender.“ So sprach Richterin Claudia Moravec-Loidolt am Montag bei Fortsetzung des Strache-Prozesses. In der Tat: Die eigentlichen Vorwürfe, der einstige FPÖ-Chef habe sich in Form zweier Parteispenden vom Betreiber der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller (68), bestechen lassen, gerieten nach und nach zum Randthema.

Das lag an den Rollen, in die die beiden Angeklagten, Heinz-Christian Strache (Anwalt Johann Pauer) und Klinik-Betreiber Grubmüller (dieser wird von seinem Bruder, dem Advokaten Helmut Grubmüller, vertreten) am fünften Verhandlungstag schlüpften. Er sei praktisch nur als Vermittler aufgetreten, erklärte der frühere Vizekanzler seiner Richterin: „Ich habe vermittelt, wie man so ein Unrecht abstellen kann.“
Grubmüller wiederum stellte sich als Rächer dar, als Mann, welcher der SPÖ, also der Partei, bei der er jahrzehntelang Mitglied war, eins auswischen wollte.

Vermittler? Unrecht? Rächer? Nun, die Ausgangslage sieht so aus: Strache und Grubmüller sind lange befreundet, die beiden Familien urlaubten sogar 2016 gemeinsam auf Korfu. Grubmüller, der sein Geld als Glücksspielmanager gemacht hatte, war an Strache herangetreten (der einstige FPÖ-Chef war damals noch in Opposition) und hatte um Hilfe gebeten: Der Unternehmer wollte, dass die Privatklinik Währing in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) aufgenommen wird. Doch der Fonds hielt seine Tore geschlossen. Die Gesetzesänderung, die nötig gewesen wäre, um der Währinger Klinik dieses finanzielle Upgrading zukommen zu lassen, war damals noch in weiter Ferne. Laut Anklage probierte es Grubmüller daher bei der FPÖ. Er soll seinem Ansinnen auf Schützenhilfe Nachdruck verliehen haben – indem er zweimal an die Partei spendete: Einmal 2000 und und einmal 10.000 Euro.

Alles so nicht wahr, sagen nun beide Angeklagte. Strache ist wegen Bestechlichkeit, Grubmüller wegen Bestechung angeklagt.
Strache (siehe oben) will eben nur zwischen seinem Freund und Juristen in seiner Partei vermittelt haben. Denn: „Grubmüller hat mir dauern von Unrecht erzählt.“ Mit Spenden habe das nichts zu tun gehabt. Um Spenden habe er sich auch nie gekümmert.

Der Klinik-Betreiber wiederum will in erster Linie nicht deshalb gespendet haben, weil er seiner Klinik bzw. deren Patienten etwas Gutes tun wollte (Stichwort: Fondsgelder für medizinische Leistungen), sondern: „Ich wollte aufzeigen, wie korrupt die Wirtschaftskammer war.“ Letztere habe nämlich in Sachen Fonds-Erweiterung mitzureden gehabt und habe auf stur geschaltet.

Und ja: Seine SPÖ habe ihn damals auch nicht erhört. Weshalb er auch auf diese „angefressen“ gewesen sei. Der (Schönheits-)Chirurg Artur Worseg, der seit 2016 die Klinik betreibt, drückte es als Zeuge so aus: Grubmüller („Als Worseg die Klinik übernommen hat, war mein intensives Engagement zu Ende“) sei wegen der SPÖ „grantig“ gewesen. Daher habe er deren „Todfeinde“, die Freiheitlichen, unterstützt.

„Fernseher ohne Programm“

Weiters sagte der Mediziner: „Es war fast kafkaesk.“ Und meinte damit, dass er sich seinerseits darum bemüht habe, zu besseren Abrechnungsmöglichkeiten für die Klinik-Patienten zu kommen. Mittlerweile ist die Klinik zwar Teil des Fonds – nachdem Strache Teil der türkis-blauen Koalition wurde, klappte es auch mit der Gesetzesänderung – aber, so Worseg, jenen begehrten Vertrag, der das Verrechnen mit Fonds-Geld einfach mache, habe man bis heute nicht. Bildlich gesprochen: „Wir haben heute einen Fernseher ohne Programm.“
Und was hat das alles mit Korruption zu tun? Strache hatte vor Regierungseintritt einen – erfolglosen – Initiativantrag eingebracht, um das Prikraf-Gesetz zu ändern. Im Gegenzug für Parteispenden, meint die Anklage.

Aber: Von einem solchen Deal konnten nun die Zeugen, etwa Ex-FPÖ-Parlamentarier Johannes Hübner, überhaupt nichts berichten. Und Straches Ex-Pressesprecher Karl-Heinz Grünsteidl gab an, manche Anträge seien damals gar ohne genaue Kenntnis des Parteichefs im Parlament gelandet. Die Richterin wunderte sich. Am Freitag sollen die Urteile fallen.

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