Zeitreise

Der Himmel über Europa ist geteilt

Workers carrying Polish national and EU
Workers carrying Polish national and EU(c) AFP via Getty Images (JANEK SKARZYNSKI)
  • Drucken

Warum versteht der Westen den Osten Europas so wenig? Über alte Kränkungen und Empfindlichkeiten, die immer noch Konjunktur haben und die EU-Schwächen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fügte Europa seinem gängigen Repertoire an abwertenden Schlagworten ein neues hinzu, das so großen Anklang fand, dass es sich hartnäckig behauptete: „Balkanisierung.“ Es war nicht nur die Bezeichnung für die Parzellierung großer politischer Einheiten, sondern auch ein Synonym für die Rückkehr zu rückständigem, an barbarische Vorzeiten anschließendes Stammesdenken. Balkanbewohner seien nach dieser Stereotypisierung nicht fähig, sich an zivilisierte Verhaltensnormen zu halten, die für das andere, fortgeschrittene Europa bereits selbstverständlich waren. Nachrichten über Grausamkeiten zwischen den Völkern in den Balkankriegen 1912/13 verfestigten dieses Negativimage.

Diese Wahrnehmung war noch 1989 merkbar. Als die Grenzbalken aufgingen und die sozialistischen Regime jenseits des „Eisernen Vorhangs“ dahinbröckelten, war von einer „Rückkehr nach Europa“ die Rede, ein zweites Mal mit dem Eintritt osteuropäischer Staaten in die EU 2004. Die politische, aber auch die wissenschaftliche Rhetorik schien davon auszugehen, dass mit der politischen Grenze gleichsam auch eine Zivilisationsgrenze entstanden war.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.