Museumsgestaltung

Relevant für die Gesellschaft sein

Museen binden zunehmend auch digitale Informationen in ihre Ausstellungen ein, etwa in der Salzburger Landesausstellung, „Das große Welttheater“, im Salzburg-Museum.
Museen binden zunehmend auch digitale Informationen in ihre Ausstellungen ein, etwa in der Salzburger Landesausstellung, „Das große Welttheater“, im Salzburg-Museum.Erika Pichler
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Diversität, Inklusion, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit sind Zukunftsfragen, die sich auch Museumsbetrieben stellen. Neue Ausbildungen gehen darauf ein.

Ihre Ausbildung und ihr Beruf haben Julienne Lorz an die Museen von Metropolen geführt. Derzeit ist die Kuratorin am Gropius Bau in Berlin tätig, zuvor arbeitete sie an großen Häusern in München. Auch während ihres Tanz- und Kunststudiums in London habe sie bereits Kontakte zu vielen Institutionen aufgebaut, sagt Lorz.

Einbringen wird sie diese Erfahrungen als Leiterin des neuen Masterstudiums der Universität für angewandte Kunst Wien, „Expanded Museum Studies“. Die im Titel anklingende Erweiterung der Museumsstudien bedeutet für Lorz vor allem, zukunftsorientierte Konzepte zu entwickeln. „Expanded Museum Studies“ ist das erste reguläre Studienprogramm dieser Art in Österreich. An der Angewandten gab es bisher nur den kostenpflichtigen, berufsbegleitenden Postgraduate-Lehrgang EMC (Educating, Managing, Curating).

Vielfalt der Zugänge zeigen

Man könne von jedem Museum, das man betrete, etwas lernen, sagt Lorz: den unterschiedlichen Umgang mit Besuchern – von der Begrüßung bis zur Information in den Ausstellungsräumen; die unterschiedlichen Wege, Kultur zu vermitteln. Es gebe eben kein Patentrezept, wie ein gutes Museum zu führen sei, meint die Expertin. Sie freue sich jedenfalls darauf, am Wiener Studiengang die Vielfalt von Zugängen zu thematisieren.

Ebenso wird es dort um die heutigen großen Herausforderungen gehen, die sich aus Lorz' Sicht für die gesamte Museumslandschaft auf einen Nenner bringen lassen: „Wie kann ein Museum relevant in der Gesellschaft sein?“ Die Gesellschaft habe sich vermutlich schneller entwickelt als die Museen, sie sei breiter und diverser geworden. „Es geht für eine Institution darum, als gesellschaftliches Organ in Kontakt mit seiner Gesellschaft zu bleiben, in ihrer ganzen Vielfalt.“ So müsse man etwa der Ansicht mancher Jugendlicher, Museen seien nur „Tempel für alte Leute“, etwas entgegensetzen.

Längerfristige Finanzierung

Zu lösen sind auch rein materielle Probleme. Diverse Sonderförderungen, wie sie etwa derzeit im Rahmen eines Neustart-Pakets für Kunst und Kultur ausgeschüttet werden, sind für Lorz zwar prinzipiell begrüßenswert. Vor allem müsse jedoch auf die Stärkung interner Strukturen durch Finanzierung von Stellen geachtet werden.

Eine ähnliche Sicht der Dinge hat Nicole High-Steskal von der Donau-Universität Krems, die dort ab Oktober zwei neue zweisemestrige Weiterbildungen (Certified Programs) für Digitales Kuratieren in Museen und Sammlungsinstitutionen sowie Digitale Kulturvermittlung in Museen und Sammlungsinstitutionen leiten wird. „Die Digitalisierung im Kulturbetrieb wurde bislang stark durch Anschubfinanzierungen unterstützt“, sagt High-Steskal. „Das heißt, es wurden Gelder bereitgestellt, damit Geräte und Programme angekauft und analoge Objekte in zeitlich begrenzten Projekten digitalisiert werden konnten. Jedoch wurde häufig darauf verzichtet, Digitalisierung als längerfristigen Prozess zu denken, der dauerhaft bespielt und kuratiert werden muss. Somit wurde Personal nicht ausreichend aufgebaut und Finanzen wurden zu knapp bemessen.“

Analog und Digital verbinden

Auch im Bereich der Kulturvermittlung seien in den vergangenen eineinhalb Jahren viele interessante digitale Angebote entwickelt worden, wobei man jedoch vielfach übereilt gehandelt habe. „Insgesamt ist die Angst derzeit noch groß, dass Museen durch digitale Angebote Besucher verlieren könnten. In den Lehrgängen legen wir daher großen Wert darauf, dass man nicht das Analoge gegen das Digitale ausspielt, sondern man beide Aspekte zusammen denken muss.“

Informationsfülle kanalisieren

Überhaupt stelle die Digitalisierung für viele Akteure des Kulturbetriebs, egal, welchen Alters und welcher Berufserfahrung, „eine enorme personelle und für die Institutionen finanzielle Herausforderung“ dar. Inzwischen stünden sehr viele Kulturdaten digital in Online-Sammlungen von Museen, Archiven und Kulturerbe-Institutionen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Herausforderung sei der Umgang mit der kaum mehr überblickbaren Fülle an Informationen. In den beiden Lehrgängen geht es darum, diese Informationsspeicher neu zu denken, um neue Besucher und Nutzer gewinnen zu können – von Forschenden über Pädagogen und Kultur- und Naturinteressierten bis hin zu Jugendlichen.

Umgang mit Unsicherheiten

Neben der schon länger bestehenden Herausforderung durch die Digitalisierung waren jedoch in den vergangenen beiden Jahren die Unwägbarkeiten der Pandemie das unzweifelhafte Hauptthema von Museen und Kulturbetrieben. „Führungskräfte sind seit Corona besonders gefordert: entscheiden und planen in unsicheren Zeiten, das Team und sich selbst motivieren, Finanzierung sichern – alle Anforderungen an eine Führungskraft wurden quasi auf das nächste Level gehoben, und ,business as usual‘ geht seit Corona hier gar nicht mehr“, sagt Karin Wolf, Direktorin des Weiterbildungsinstituts Kulturkonzepte. An ihrem Institut werden seither laut Wolf vor allem Einzel- und Teamcoachings verstärkt von Führungskräften und Leitungsteams in Anspruch genommen.

Als neues Angebot wird es bei Kulturkonzepte kompakte dreistündige Online-Workshops geben, die Tools zu den Themen Kommunikation, Organisation und Motivation vermitteln. Einmal im Monat soll es laut Wolf zudem ein kostenfreies Angebot „Kulturkonzepte-Update“ geben – „eine Stunde zu Mittag, in der ich mich aktuellen Themen und Trends für Führungskräfte in Kulturbetrieben widme und in der die Teilnehmenden aktuelle Fragen mitbringen können“.

Web:www.dieangewandte.at
www.donau-uni.ac.at
www.kulturkonzepte.at

Information

Studiengangvorstellung: Interessenten für die neuen Lehrgänge Digitales Kuratieren in Museen und Sammlungsinstitutionen oder Digitale Kulturvermittlung in Museen und Sammlungsinstitutionen an der Donau-Uni Krems können sich am 23. September von 16 bis 17 Uhr im Rahmen einer virtuellen Auftaktveranstaltung informieren. Info, Anmeldung: www.donau-uni.ac.at/digitaleskuratieren/launch

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2021)

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