Literatur

Die Dinge, die wir fürchten

Einfühlsam: Nadine Schneider erzählt eine Geschichte von Verrat, Verlust und Liebe.

Wir schreiben das Jahr 1993. Johannes, ein junger Mann aus Rumänien, ist Hörgeräteakustiker in Nürnberg. Soeben hat er erfahren, dass sein Vater verstorben ist. Die Nachricht bedeutet seit Jahren den ersten Kontakt mit seiner Familie – und damit die Konfrontation mit seiner Vergangenheit. Noch vor Ende des kommunistischen Regimes ist er nach Westeuropa geflüchtet, indem er die Donau durchschwamm, und noch heute träumt er immer wieder von der Flucht – und von seinem Freund David, mit dem er sich gemeinsam auf die Durchquerung des Flusses vorbereitet hat. Doch David ist damals nicht mitgekommen, und Johannes weiß nichts über den Verbleib des Burschen, mit dem ihn mehr verband als nur Freundschaft.

Wasser ist ein wichtiges Sujet in Nadine Schneiders Roman „Wohin ich immer gehe“: Einerseits fürchtete Johannes es lange Zeit und musste für seine Flucht erst richtig schwimmen lernen, andererseits bedeutete es seine Rettung. Das Schwimmen beigebracht hat Johannes einst sein trunksüchtiger Vater, indem er einen alten Fahrradschlauch ins Wasser warf und den Sohn aufforderte, das Ding zu erreichen, egal wie – es dürfe nur nicht untergehen. Dass der Bub dabei fast ertrunken wäre, war dem Vater einerlei; triumphierend sah er im Boot zu, wie Johannes um sein Leben kämpfte. Der Vater-Sohn-Konflikt birgt Aggression und offene Gewalt: „Wenn er auf einen Fehler von Johannes lauerte, vergaß er alles um sich herum“ – und ließ seiner Wut freien Lauf.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.