Buch der Woche

Jenny Erpenbeck: Zwischen den Tatzen der Sphinx

Eine ungemein genaue Beobachterin. Jenny Erpenbeck, 1967 in Ostberlin geboren.
Eine ungemein genaue Beobachterin. Jenny Erpenbeck, 1967 in Ostberlin geboren. Remo Casilli/Camera Press/picturesdesk
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Tu es nicht, möchte man ihr zurufen, er wird es dir nicht danken! Jenny Erpenbecks Roman „Kairos“ ist die Geschichte einer toxischen Liebe vor dem Hintergrund der sich auflösenden DDR.

Zwei Kartons wurden bei Katharina abgegeben, eine weinende Frau hat sie gebracht, und nun stehen sie im Arbeitszimmer und wandern, wenn die Putzfrau kommt, vom Fußboden auf das Sofa und umgekehrt. Es dauert noch eine Weile, bis Katharina die Schachteln öffnet, zum Vorschein kommen Aufzeichnungen, Briefe, Notiz- und Einkaufszettel, Zeitungsartikel, ein Stück Zucker, gepresste Blätter. Die ältesten Dokumente stammen aus dem Jahr 1986, die jüngsten von 1992.

Die Fundstücke rekonstruieren eine vergangene Liebe, die am 11. Juli 1986 ihren Anfang fand, in Ostberlin, zwischen der damals 19-jährigen Katharina, einer angehende Kunststudentin, und Hans, einem verheirateten Mann Mitte 50. Er ist Schriftsteller, als „sein erstes Buch erschien, war sie gerade geboren“, und „laufen gelernt hat er unter Hitler“. Beide wollten ins Ungarische Kulturzentrum, das schon geschlossen hatte, da gingen sie einen Kaffee trinken, die Geschichte nahm ihren Lauf. Hans hatte schon ihre Mutter gekannt und Katharina als Kind gesehen, „er erinnert sich tatsächlich an sie, an die kurzgeschorene Göre“.

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