Tierliebe

Seelenschau im Schweinestall

Gunda stupst ein Ferkel an: Der Name der Muttersau fällt im schwarz-weißen Dokumentarfilm kein einziges Mal, der Homo sapiens bleibt durchwegs im Off.
Gunda stupst ein Ferkel an: Der Name der Muttersau fällt im schwarz-weißen Dokumentarfilm kein einziges Mal, der Homo sapiens bleibt durchwegs im Off.
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Die Tierliebe hat das Kino erfasst. Der bisher spannendste Beitrag dazu ist das Schweineporträt „Gunda“: Eine Beobachtungsstudie, die weithin auf Vermenschlichung verzichtet.

Wie fühlt es sich wohl an, ein Schwein zu sein? Eine Frage, die sich Menschen eher selten stellen. Als die Band Die Prinzen sang: „Du musst ein Schwein sein in dieser Welt“, hatte sie keine Borstentiere im Sinn, sondern Saukerle, die sich nehmen, was sie wollen. Dass Schweine, bekanntlich eine ausgesprochen intelligente Spezies, oft als Sinnbilder für (negatives) Humanverhalten herhalten müssen, dass sie in bestimmten Kulturen als heilig verehrt und in anderen als unrein verschmäht werden – all das ändert wenig daran, dass ihr lebendiges Sein im Wirtshaus (und meist schon auf dem Weg dorthin) sang- und klanglos unter den Tisch fällt.

Doch die Öko-Wende unserer Zeit nährt einen globalen Gesinnungswandel. Unter dem Schlagwort „Tierwohl“ werden Praktiken und Rahmenbedingungen von Fleischproduktion (wo Schweine zu den billigsten und beliebtesten Schlachttieren zählen) hinterfragt: So steht etwa Spaltenbodenhaltung verstärkt in der Kritik. Auch die Filmindustrie zollt dieser Entwicklung Tribut. Lang waren es vornehmlich aktivistische Agit-Prop-Streifen, die Tierschutz einforderten. Heute ist der Tadel am „Anthropozentrismus“ längst im Bewegtbild-Mainstream angekommen. Seine Bandbreite reicht von Infotainment („Bauer unser“) über betuliche Biohof-Dokus („Butenland“) bis zum Netflix-Actionspektakel („Okja“). Auch das Kunst- und Festivalkino wendet sich dem Thema immer öfter zu – und erntet dafür erstaunliche Aufmerksamkeit.

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