Klimainitiative

Michaela Krömer: Mit der Kraft des Gesetzes gegen den Klimawandel

Mitja Kobal
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Michaela Krömer ist die renommierteste Klima-Anwältin des Landes. Sie klagt Österreich vor dem Menschenrechtsgerichtshof auf ein Recht auf Klimaschutz.

Wien. Eine rebellische Ader habe sie, sagt Michaela Krömer. Doch es ist wohl eher ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit, der sie antreibt, gegen die Republik Österreich für ein Recht auf Klimaschutz vor Gericht zu ziehen. „Wenn etwas ungerecht ist, denk ich nicht darüber nach, gegen wen ich ankämpfe. Da habe ich wenig Hemmung.“ Krömer ist Österreichs bekannteste Klima-Anwältin. Das zu sein sei nicht so schwer, sagt sie: „Vielleicht liegt es daran, dass sonst niemand diese Verfahren macht.“
Einfach war der Weg dahin aber sicher nicht. Ein Jahr lang hat Krömer neben ihrem Brotberuf – sie arbeitet mit ihrem Vater in einer Anwaltskanzlei in St. Pölten – an der 150 Seiten langen Anklageschrift geschrieben. Am 20. Februar 2020 reichte sie schließlich beim Verfassungsgerichtshof die erste Klimaklage Österreichs ein. 8063 Menschen forderten darin, die steuerlichen Begünstigungen des Flugzeugtreibstoffs Kerosin abzuschaffen. „Ich bin damals eher belächelt worden. Ich war das nette Mädel, das sich profilieren will.“

Die Klage wurde abgewiesen. „Das war eine sehr harte Zeit“, sagt Krömer. Weniger der Fakt der abgewiesenen Klage als die Begründung dessen bestürzte sie: Den Klimaklägern fehle „die Berechtigung, die Regelungen anzufechten“, sie seien als Bahnfahrende „ nicht unmittelbar in ihren Rechten verletzt“, hieß es. Eine „schwache, juristisch nicht brillant gelöste“ Entscheidung, sagt Krömer. „Die eigentliche Frage, ob wir ein Rechtsschutzdefizit und somit einen verfassungswidrigen Zustand haben oder nicht, wurde nicht einmal aufgegriffen.“

Kläger sitzt ab 25 Grad im Rollstuhl

Den Grund, weiterzumachen, lieferte ihre wenig später geborene Tochter. Mit einem der Mitunterzeichner der ersten Klage, Mex M., zieht sie nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). M. leidet an Multipler Sklerose. Hitze führt bei ihm zur Verschlechterung seiner Symptome – ab 25 Grad sitzt er im Rollstuhl. Der unzureichende Klimaschutz in Österreich, argumentiert Krömer, widerspreche den Menschenrechten. Ihr Ziel: dass Österreicher ein Recht auf Klimaschutz bekommen, das sie auch einklagen können. Nun heißt es jedoch erst einmal auf eine Antwort des EGMR warten. „Das ist der unangenehmste Schritt.“

Stillsitzen liegt Krömer nicht. Schon vor ihrem Engagement für das Klima setzte sich die Harvard-Absolventin für Asylsuchende ein, im Juli gewinnt sie in einem wegweisenden Fall vor dem Verfassungsgerichtshof, der Asylwerbern die Möglichkeit eröffnet, eine Lehre zu beginnen oder zu arbeiten. Dass man eine soziale Verantwortung habe, „wenn man auf die Sonnenseite des Lebens gefallen ist“, habe sie auch durch ihre Familie gelernt, erzählt sie.

Dabei habe sie lang gezögert, ob sie sich die belastende Arbeit antun oder stattdessen einfach nicht fliegen oder weniger Fleisch essen solle. „Aber ich habe als Anwältin mehr Möglichkeiten als andere.“ Sie habe nicht weglaufen wollen, denn an dem Einsatz gegen die Klimakrise „führt kein Weg vorbei“. (twi)


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