Oberster Gerichtshof

Lockdown überfordert junge Mutter: Tochter voreilig abgenommen

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Eine Alleinerzieherin sah sich aus Kinderbetreuung, Home-Schooling und Arbeit nicht mehr heraus. Das Jugendamt sah das Kindeswohl gefährdet und entzog der jungen Mutter die Obsorge. Eine fundierte Begründung fehlte aber laut Höchstgericht.

Wien. Ein Kind allein zu erziehen ist, zumal für eine jugendliche Mutter, eine Herausforderung; währenddessen selbst im Home-Schooling zu sein ist eine zweite; und am Wochenende auch noch arbeiten zu gehen die dritte. All das kam bei einer jungen Frau in Wien zusammen, die 2018 nur 15-jährig eine Tochter bekommen hatte. Sie war erschöpft, fühlte sich „innerlich leer“ und hoffte auf Hilfe. Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (vormals „Jugendamt“) reagierte – möglicherweise allerdings zu heftig, wie der Oberste Gerichtshof (OGH) nun entschied.

Die Verhältnisse, aus denen die junge Frau selbst stammte, waren alles andere als gut. Als Kind hatte sie zum Schutz vor ihrem gewalttätigen Stiefvater eine Zeit lang in die Obhut der Stadt Wien („volle Erziehung“) gegeben werden müssen, von drei jüngeren Halbgeschwistern sind zwei auf Dauer bei Pflegeeltern untergebracht.

Nach der Entlassung aus der Wohngemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe lebte das Mädchen mit seiner jüngsten Halbschwester bei seiner Mutter. Als es seinerseits Mutter geworden war, zog es in Absprache mit dem – über die prekäre Lage informierten – Jugendamt zur Großmutter mütterlicherseits. Der 18-jährige Vater des Babys verschwand auf Nimmerwiedersehen.

Ab Herbst 2019 besuchte die junge Mutter eine Schule für Tourismus und Wirtschaft; ihre Tochter war oft zehn Stunden täglich im Kindergarten. Freitags und am Wochenende arbeitete der Teenager als Servicekraft in einem Hotel, bis zum Umfallen: Sie fühlte sich „kaputt und kraftlos“.

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