Mit Federn, Haut und Haar

Auch das heilige Einfamilienhaus bedroht unsere Zukunft

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Die Klimakatastrophe erfordert andere Lebensweisen. Einforderbar ist ein Menschenrecht auf würdiges Wohnen.

Allen, die lesen und denken können, muss klar sein, dass der
Bodenverbrauch als eine der Hauptursachen für Klimawandel, Biodiversitätskrise und Hochwasser auch die Lebensmittelversorgung gefährdet. Denn verbaut werden meist landwirtschaftlich wertvolle Böden. Das sind Fakten, die nichts mit Ideologie zu tun haben. Dabei geht es um neue, völlig unnötige Supermärkte, aber auch um das Häuslbauen: Ein Problem, das die Politik meidet wie der Teufel das Weihwasser.

So schreibt Isabella Marboe in der „Furche“ vom 19. August: „Tatsache ist: Einfamilienhausteppiche breiten sich aus, während die Dorfmitte vielfach verdorrt. Geschäfte schließen, Arbeitsplätze und Menschen wandern ab, Einkaufszentren werden zu All-inclusive-Versorgern, Autos unverzichtbar. Ein Teufelskreis. Österreichs produktive Böden verringerten sich allein im Jahr 2020 um 39 Quadratkilometer (. . .). Während der Flächenverbrauch pro Kopf und Jahr in Deutschland 2,3 Quadratmeter beträgt, sind es hierzulande mit 4,9 mehr als doppelt so viele. Auch bei neuen Supermarktflächen hat Österreich mit 1,8 Quadratmetern pro Kopf die Nase vorn, in Frankreich sind es nur 1,2, in Italien einer.“

Alarmierend, ebenso wie die Tatsache, dass man besonders in Vorwahlzeiten vernünftige, also problem- und sachorientierte Politik mit der Lupe suchen muss. So werden im Zuge der baldigen oberösterreichischen Landtagswahlen auch die Bürgermeister neu gewählt. Das führt etwa in meiner Heimatgemeinde im Almtal dazu, dass man vonseiten der türkisen Mehrheit zentrumsferne Flächen in Bauland umwidmen will – im Nachbardorf soll es sogar ein neuer Supermarkt plus Chalet-Dorf auf der grünen Wiese sein. Denn in Österreichs Gemeinden gilt ein Bürgermeister immer noch als „erfolgreich“, wenn er umwidmet und verbauen lässt.

Im Zuge dieser konventionellen „Entwicklungslogik“ verhüttelte man Österreich seit 1945 gnadenlos. Heute kollidiert dieses Uralt-Denken jener, die gefangen sind in den alten Zwängen, mit der neuen „Überlebenslogik“. Um beim Beispiel zu bleiben: Als Reaktion auf die türkisen Pläne entblödete sich die sozialdemokratische Fraktion tatsächlich nicht, die Umwidmung großer, zentrumsnah gelegener landwirtschaftlicher Flächen zu fordern – „aus Umweltschutzgründen“ (!), um damit den Energieverbrauch durch Verkehr zu reduzieren und um jungen Leuten aus der Gemeinde die Chance auf einen leistbaren Baugrund zu geben. Letztere gibt es sicherlich. Klar ist aber auch, dass solche Baugründe Leute auch aus dem Umfeld anziehen.

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