Tanzkritik

Beethovens Flehen und Streben, hochexpressiv vertanzt

Rasante Kombinationen: Ida Stempelmann und Atte Kilpinen vom Hamburg Ballett.
Rasante Kombinationen: Ida Stempelmann und Atte Kilpinen vom Hamburg Ballett. Kiran West
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Saisoneröffnung am Theater an der Wien mit einem beeindruckenden Gastspiel des Hamburg Balletts: John Neumeiers „Beethoven-Projekt II“.

Ein Tänzer, der am geschlossenen Klavier sitzt und vehement auf dieses klopft, ohne dass man einen Ton hört. Eine („geheimnisvolle“?) Geliebte, die sich seinen Umarmungen entzieht. Es zieht ihn zum Klavier, er greift abrupt an seinen Kopf, krabbelt über die Bühne, streckt sich, fällt in sich zusammen – teils wie vom Wahnsinn befallen . . .

John Neumeier will zwar in „Intrada. Meine Seele ist erschüttert. Beethoven-Projekt II“ laut Programmheft „keine nacherzählbare Handlung“ wiedergeben. Doch Elemente darin erinnern an Beethovens Biografie. Und als Klaus Florian Vogt „Meine Seele ist erschüttert“ aus dem Oratorium „Christus am Ölberge“ sang und zum Sprachrohr des neben ihm Tanzenden wurde, dachte man: Eigentlich fleht hier Beethoven darum, der Kelch möge an ihm vorübergehen. Neumeier zwang die Bilder nicht auf, aber wer sie erkennen wollte, konnte das tun. Da wurde die Furcht vor dem Hörverlust in Bewegung übersetzt, dort die Anziehungskraft der Musik. Für den ausdrucksstarken Solisten Aleix Martínez (in Jeans und schwarzem Shirt) schien der Flügel wie ein Magnet zu wirken. Generell unterstrich Neumeier die Bedeutung der Musiker als Partner für die Tänzer. Da wurden Pianistin Hanni Liang und Anton Barakhovsky an der Violine Teil des Bühnengeschehens, wenn die Tänzer mit ihnen mit Sektgläsern anstießen oder ihnen applaudierten.

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