Afghanistan

Taliban-Sprecher versichert Rücknahme Straffälliger

Mujahid in "Krone"-Interview: "Wir sind nicht froh darüber,dass die Leute Afghanistan verlassen.“ Der oberösterreichische FP-LHStv. Haimbuchner fordert indes die Aussetzung des Schengen-Abkommens.

Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid hat die Rücknahme nicht asylberechtigter und möglicherweise straffälliger Afghanen aus Österreich und Deutschland zugesichert. Im Interview mit der "Kronen Zeitung" (Montagabend online) bejahte er eine entsprechende Frage. "Ja. Sie würden einem Gericht vorgestellt werden. Das Gericht muss entscheiden, wie es mit ihnen weitergeht", sagte Mujahid. 1996 bis 2001 regierten die Taliban in Afghanistan mit extrem strikter Auslegung der Scharia.

Zu erwarteten Flüchtlingsbewegungen aus Afghanistan, sagte der Taliban-Sprecher: "Wir sind nicht froh darüber, dass die Leute Afghanistan verlassen. Sie sollten bleiben. Jenen, die sich sorgen, versuchen wir die Angst zu nehmen. Wir sind nicht glücklich drüber, wenn Afghanen ins Ausland gehen."

Zur Einstellung der Entwicklungshilfe europäischer Staaten wegen der jüngsten Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sagte der Sprecher: "Wir wollen mit Europa gute Beziehungen pflegen, auch wenn Europäer den Krieg in Afghanistan unterstützt haben. Afghanistan braucht dringend Handels- und diplomatische Beziehungen zu diesen Ländern. Falls die Europäer Bedenken haben, können sie uns das gerne auf diplomatischer Ebene mitteilen. Wir sind offen für Gespräche und hoffen, diese Bedenken zerstreuen zu können."

Trotz des jüngsten Selbstmordanschlags am Flughafen Kabul mit Dutzenden Toten, den ein Ableger der radikal-islamistischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) für sich reklamierte, behauptete der Taliban-Sprecher in dem Interview: "Es gibt keinen IS, wo wir die Kontrolle haben. Manche Afghanen, die früher in Syrien und dem Irak dem IS anhingen, sind zwar mittlerweile zurückgekehrt, aber wir sehen in ihnen keine Gefahr. Die werden Afghanistan keine Probleme bereiten."

Haimbuchner fordert Aussetzung von Schengen-Abkommen

Der oberösterreichische FPÖ-Chef LHStv. Manfred Haimbuchner fordert die Aussetzung des Schengen-Abkommens. Er befürchtet, dass Deutschland "zu Abertausenden" Menschen aus Afghanistan in die Bundesrepublik bringen wolle, "von denen niemand weiß, wer sie sind oder ob sie eine Gefahr für die Sicherheit der eigenen Bürger darstellen".

Das sei das gute Recht Deutschlands, aber es müsse gewährleistet sein, "dass mögliche Straftäter oder gar Terroristen nicht völlig unbehelligt durch den Schengen-Raum reisen können", so Haimbuchner, der in einigen Wochen eine Landtagswahl zu schlagen hat, am Montag in einer Aussendung.

Erster WHO-Hilfsflug

Zum ersten Mal seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban vor rund zwei Wochen ist ein Flugzeug mit medizinischen Hilfsgütern der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Afghanistan gelandet. Wie die WHO am Montag mitteilte, wurde das Flugzeug von der pakistanischen Regierung zur Verfügung gestellt. Die Maschine, die von Dubai nach Mazar-e-Sharif in Norden Afghanistans flog, hatte 12,5 Tonnen Medikamente und andere medizinische Ausrüstung an Bord.

Vergangene Woche hatte die WHO gewarnt, den Gesundheitseinrichtungen in Afghanistan drohe bald der Nachschub an medizinischer Ausrüstung auszugehen. Durch das Chaos und die Gefahr am Flughafen von Kabul hatte die WHO mit logistischen Problemen zu kämpfen. 500 Tonnen an Medikamenten und Hilfsgütern, die in Dubai gelagert waren, konnten nicht ausgeliefert werden.

Die WHO habe "tagelang ununterbrochen an einer Lösung gearbeitet", erklärte Leiter der WHO-Region Östliches Mittelmeer, Ahmed al-Mandhari. Nun könnten die Vorräte der Gesundheitseinrichtungen in Afghanistan zumindest "teilweise" wieder aufgefüllt werden und die von der WHO unterstützten Gesundheitsdienste könnten "vorerst" weiterarbeiten.

Die jetzige Lieferung deckt demnach den Bedarf von 200.000 Menschen und reicht für 3500 chirurgische Eingriffe. Die Güter sollen direkt an 40 Einrichtungen in 29 Provinzen gehen. Die WHO arbeitet laut al-Mandhari mit ihren Partnern daran, dass die Lieferung "die erste von vielen" ist. Seinen Angaben zufolge sind bereits zwei weitere Hilfslieferungen mit logistischer Unterstützung Pakistans geplant.

Nachdem der Militäreinsatz der USA und anderer westlicher Staaten zur Evakuierung von Ausländern und afghanischen Ortskräften nun zu Ende gehe, "beginnt jetzt die anspruchsvolle humanitäre Arbeit zur Deckung der Bedürfnisse der zig Millionen bedürftigen Afghanen, die im Land bleiben", erklärte die WHO.

Die Machtübernahme der radikalislamischen Taliban vor gut zwei Wochen hatte Afghanistan ins Chaos gestürzt. Über die von den USA koordinierte Luftbrücke konnten seit dem 14. August gut 116.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Mit den letzten Evakuierungsflügen aus Kabul endet am Dienstag nach knapp 20 Jahren der Militäreinsatz der USA am Hindukusch.

(APA/AFP)

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