Fahrbericht

Audis Elektro-GT: Auf großer Tour von Wien nach Graz (und zurück)

Ein Gran Turismo, wie er im Buche steht, nur elektrisch: Audi E-Tron GT.
Ein Gran Turismo, wie er im Buche steht, nur elektrisch: Audi E-Tron GT. Clemens Fabry
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Aus der Zusammenarbeit mit Porsche hat Audi einen exzellenten Gran Turismo abgeleitet. Realreichweite: 400 km und auch deutlich mehr.

Wien. Zunächst erfreuen wir uns an der Kulturleistung eines klassischen Gran Turismo, wie sie Audi der Verwahrlosung durch Monster-SUVs auf unseren Straßen (vielfach auch von Audi) entgegensetzt: lang gestreckt und elegant in den Fahrtwind geduckt statt klobig aufragend; breit und flach, mit zwei Fondtüren wie zur Überraschung, denn auf den ersten Blick meldet die Netzhaut: Coupé!


Doch nein, im Audi E-Tron GT ist mit stolzen drei Metern der Radstand einer Präsidentenlimousine untergebracht, ergibt vier großzügige Sitzplätze mit mehr als nur ordentlich Fußraum hinten. Fürs Marschgepäck eines Gipfeltreffens sollte der Stauraum reichen: im Kofferraum 405 Liter, vorn 85 Liter dazu.

Prater-Attraktion


Bekanntermaßen haben Porsche und Audi die Architektur der J1 genannten Elektroplattform gemeinsam entwickelt, und während Porsche den Taycan in vier Schärfegraden plus Heckantrieb-Variante anbietet, gibt es den E-Tron GT sonst noch nur als Performance-Haudrauf RS mit 475 kW Spitzenleistung. Der ist zwar überaus spaßig, um sich selbst und erst recht Mitfahrenden durch aberwitzige Beschleunigung den Atem zu rauben, doch Prater-Attraktion braucht es eigentlich keine, um den Kern der Sache zu demonstrieren: Bei Ansprechverhalten, Durchzug und, äh, Laufkultur ist Elektroantrieb dem Verbrenner gnadenlos überlegen (wie auch immer man zu anderen Aspekten der E-Mobilität stehen mag).

Ergonomisch top, etwas geschäftsmäßig, feiner Sound: Cockpit des e-tron GT.
Ergonomisch top, etwas geschäftsmäßig, feiner Sound: Cockpit des e-tron GT.Clemens Fabry

Und geradezu prädestiniert, in einem großen und gediegenen GT die Dinge würdig voranzutreiben. Auch sehr flott auf Wunsch: 245 km/h Spitze, von null auf 100 in 4,1 Sekunden. Zum Vorführen halt, während man dauerhaft die Geschmeidigkeit des Antriebs und den feisten Schub in allen Lebenslagen genießen wird. Dazu die überraschend stimmige Untermalung mit einem komponierten Soundtrack - wie hätte das schiefgehen können! Ist es aber nicht, der drehzahlabhängige Klang ist präsent, dabei unaufdringlich und irgendwie stimmungsvoller als bloße Stille.

Hinten ein zweiter Gang


Was ein Reisewagen sein will, braucht einen langen Atem. Für Wien-Hamburg reicht es nicht, aber Wien-Graz und retour mit verbleibenden 60 km im Akku, das ist ein Standard, auf den man setzen kann. Er gelang uns - unter den äußerlichen Idealbedingungen eines normal warmen Frühsommertags - bei angemessenem Reisetempo, mit Klimaanlage und allen akustischen Freuden der hochklassigen Bose-Anlage.

Nutzwert, im schönen Anblick versteckt: 405 Liter Volumen im hinteren Kofferraum, vorne 85 Liter dazu.
Nutzwert, im schönen Anblick versteckt: 405 Liter Volumen im hinteren Kofferraum, vorne 85 Liter dazu.Clemens Fabry

85 kWh netto speichert der Akku, der das Auto letztlich 2350 kg schwer macht. Massives Gewicht, aber man spürt es nicht, denn der Schwerpunkt liegt fast bodentief, und ein aufwendiges Fahrwerk mit (optionaler) Luftfederung stemmt sich in Kurven erfolgreich gegen die Last. Trotz der im Nu anstehenden Drehmomentspitze von 630 Newtonmetern ist Traktion nie ein Thema, es sitzt schließlich ein E-Motor an Vorder- und Hinterachse (dort übrigens an ein Zweiganggetriebe gekoppelt, um den Antrieb bei den immerhin möglichen hohen Geschwindigkeiten zu schonen; man spürt den Schaltruck, wenn man stark beschleunigt).

Unterwegs nimmt der Audi an DC-Ladeleistung alles, was derzeit so geboten wird (max. 270 kW), AC-Anschlüsse gibt es auf beiden Seiten des Fahrzeugs, was die Sache in der Stadt erleichtert.

Mit 101.400 Euro liegt der E-Tron GT unter dem vergleichbaren Taycan (4S), wobei es bei beiden mit dem Grundpreis freilich nicht getan ist. (tiv)

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