Geschichte

Mexiko feiert seine Menschenfresser

Haben die spanischen Kolonialherren Mexiko zerstört, wie es Präsident Obrador anprangert? Oder von der Schreckensherrschaft der Azteken befreit? Die schräge Debatte verrät einiges über das Selbstverständnis beider Nationen.

Auf dem Yppenplatz in Ottakring feierte Wiens mexikanische Community Mitte August ein „aztekisches Fest“. Bunt, interkulturell, als Aufruf zum Frieden. Klingt nur harmlos und nett? Es war ein fernes Echo zu großen Veranstaltungen in Mexico City. Die Metropole steht auf den Trümmern der aztekischen Hauptstadt Tenochtítlan, die 1521 an die spanischen Eroberer fiel. Aus dem Gedenken an die Niederlage machte Präsident Andrés Manuel López Obrador (kurz: Amlo) die farbenfrohe Feier „500 Jahre indigener Widerstand“. Der Linkspopulist forderte dabei den spanischen König und den Papst auf, sich gefälligst für die kolonialen Schandtaten zu entschuldigen.

Auch mit den Österreichern hat er ein Hühnchen zu rupfen, wegen der imperialen Abenteuer des Habsburgers Maximilian im 19. Jahrhundert. All das gefällt Blanca Barragán Moctezuma, einer Nachkommin des letzten großen Aztekenherrschers Moctezuma II. Den Spaniern könne man nicht verzeihen, erklärte sie einem deutschen Journalisten: „Verzeiht ihr etwa Hitler?“ Nur einer wollte die freche Laune partout verderben: der argentinische Politologe Marcelo Gullo. Er erzählte die Geschichte im Interview mit der spanischen Zeitung „El Mundo“ ganz anders: Die Spanier haben Mexiko nicht erobert, sondern befreit.

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