Pandemie

Corona: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos

Impfen unter dem Kreuz in der Barbarakapelle des Wiener Stephansdoms.
Impfen unter dem Kreuz in der Barbarakapelle des Wiener Stephansdoms.APA/AFP/ALEX HALADA
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Österreich befindet sich in der vierten Welle – ob erst ganz am Anfang, ist offen. Experten klagen immer lauter über die Vollbremsung beim Impfen. Und die Regierung spricht nächste Woche mit den Ländern über neue Maßnahmen.

„Der Impfmotor hat nicht nur gestottert, sondern er ist zum Erliegen gekommen.“ So beschreibt Niki Popper, in der Coronapandemie viel gefragter Simulationsexperte, die Situation. An einem einzigen Tag im Frühjahr, konkret am 7. Mai, seien in Österreich halb so viele Menschen geimpft worden wie im gesamten Monat August, sagte er auf Puls4.

Dennoch erscheint insgesamt die Situation ernst, aber nicht hoffnungslos. Die Regierung sieht offenbar keinen Grund für übertriebene Eile.

Die Spitzen von Bund und Ländern wollen nächste Woche am Mittwoch über die Lage beraten und allenfalls Verschärfungen beschließen.

Infrage kommen: Intensivierung der Impfkampagne mit besonderem Augenmerk auf Jugendliche; Erhöhen des Drucks auf Ungeimpfte mit einem Aus für Gratistests und der Einschränkung der Gültigkeitsdauer von Tests (wie in Wien); zurück zur FFP2-Maske (gleichfalls wie Wien).

Die Zahl der Infizierten

Die Zahl der Neuinfektion hat sich innerhalb eines Tages ein wenig verringert. Von Mittwoch auf Donnerstag wurden laut Behörden 1510 Fälle registriert, am Vortag waren es noch 1848. Dennoch liegt die Zahl der Neuansteckungen über dem Durchschnitt der vergangenen Tage von 1435. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt nun 112,5 Fälle auf 100.000 Einwohner, das ist ein leichter Anstieg. Bei den Neuinfektionen liegt Österreich deutlich über dem Vorjahr, als am 2. September 327 Neuinfektionen gezählt wurden.

Wobei das nicht einmal die halbe Wahrheit sein dürfte. Simulationsexperte Niki Popper geht davon aus, dass die Dunkelziffer bei den täglichen Neuinfektionen hoch ist und sich täglich 4000 bis 5000 neu infizieren.

Die Lage in den Spitälern

Bundeskanzleramt und Gesundheitsministerium haben am Donnerstag in einer gemeinsamen Aussendung betont, dass die Auslastung der Intensivstationen laut Corona-Prognose-Konsortium weiter steigen wird. Im „Worst-Case-Szenario“ sei auch nicht auszuschließen, dass in einzelnen Bundesländern die kritische Auslastungsgrenze von einem Drittel an den Intensivstationen überschritten wird. Damit könne das Gesundheitssystem also wieder an seine Grenzen stoßen.

Mit Stand Donnerstag wurden 142 Covid-19-Kranke auf einer Intensivstation behandelt, gleich viele wie am Tag davor. Damit startet die vierte Infektionswelle deutlich früher als die zweite Welle im vorigen Herbst. Vor einem Jahr waren es – ohne Impfung und ohne Delta-Variante – 30 Intensivpatienten.

538 Menschen müssen wegen einer Covid-19-Infektion im Krankenhaus behandelt werden. Das sind um sieben weniger als am Mittwoch. Allerdings zeigt sich Arschang Valipour, Chef der Abteilung Innere Medizin/Pneumologie an der Klinik Floridsdorf im „Falter“ besorgt. Die Delta-Variante führe dazu, dass nun einer von vier Patienten eine intensivmedizinische Behandlung brauche. Davor landete einer von zehn stationär aufgenommenen Personen auf der Intensivstation.

Das Tempo beim Impfen

Das Covid-Prognose-Konsortium, das wöchentlich Kurzfristprognosen erstellt, nimmt das seit Wochen kontinuierlich nachlassende Impftempo mit Bedauern zur Kenntnis. In einem aktualisierten Bericht, der der APA vorliegt, wird festgehalten, „dass die Impfgeschwindigkeit im Zuge des Sommers 2021 rapide gesunken ist und deutlich unter dem angenommenen Worst-Case-Szenario zu liegen kam“.

Dabei betonen die Experten unter Verweis auf Daten aus Großbritannien, wie sehr die Impfung vor einer mit Symptomen verbundenen Infektion schützt. Dies gilt auch für die Dela-Variante, auf die bereits mehr als 99 Prozent aller Fälle zurückzuführen sind. Die Schutzwirkung, keine Symptome zu haben, liege im Schnitt bei 79 Prozent nach der zweiten Impfdosis.

Die Schutzwirkung von Impfstoffen gegenüber dem Risiko, im Spital behandelt werden zu müssen, „liegt deutlich höher“, unterstreichen die Experten. Laut Analysen aus Großbritannien liege die Effektivität der Impfungen bei 96 Prozent nach dem Zweitstich. Die Experten zeigen sich überzeugt, dass diese Ergebnisse auf Österreich umzulegen sind.

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