Unesco-Lehrstühle

Globale Fragen gemeinsam lösen

Sustainable Management of Conservation Areas an der FH Kärnten ist der jüngste Unesco-Lehrstuhl in Österreich und der erste an einer heimischen FH.
Sustainable Management of Conservation Areas an der FH Kärnten ist der jüngste Unesco-Lehrstuhl in Österreich und der erste an einer heimischen FH.FH Kärnten
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Den Frieden in den Köpfen der Menschen verankern – das ist das Ziel des Unitwin/Unesco Chairs Programme. In Österreich wurden neun Hochschul-Lehrstühle installiert.

Die Unesco ist als eine von 15 eigenständigen UN-Organisationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständig. 1992 hat sie das Unitwin/Unesco-Lehrstuhlprogramm ins Leben gerufen: Die Lehrstühle fokussieren Ziele der Unesco, wie etwa die Umsetzung inklusiver Bildungsmodelle, den Erhalt von kulturellem Erbe, Ethik in Wissenschaft und Forschung oder den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. „Gemeinsame Projekte in Forschung und Lehre fördern den internationalen Wissens- und Erfahrungsaustausch und ermöglichen die Arbeit an gemeinsamen Antworten auf globale Herausforderungen, wie etwa Klimawandel oder Globalisierung“, sagt Carina Tiefenbacher, Referentin für Wissenschaft in der österreichischen Unesco-Kommission.

Premiere 2007

Der erste Lehrstuhl dieser Art in Österreich wurde 2007 an der Universität Graz installiert. Der Unesco Chair in Intercultural and Interreligious Dialogue for South-East Europe erforscht Gemeinsamkeiten und Divergenzen zwischen unterschiedlichen religiösen Traditionen, insbesondere in Südosteuropa. „Ich glaube, dass gerade in diesen Zeiten der geopolitischen Unruhe, Polarisierung und der Tendenzen zur Rückkehr zu fundamentalistischen Positionen, auch in manchen Kirchen, eine Stimme, die sich offen und wissenschaftlich fundiert für interkulturellen und interreligiösen Dialog einsetzt, wichtig ist“, erklärt der aktuelle Lehrstuhlinhaber Pablo Argárate. Das gelte für die Region Südosteuropa und darüber hinaus, „aber natürlich auch für unser unmittelbares Umfeld, wo die gesellschaftspolitischen Umwälzungen der vergangenen Jahre zu sehr verhärteten Positionen geführt haben.“

Ein Jahr später folgte der Lehrstuhl an der Universität Innsbruck. Die Themen Frieden, Entwicklung, Sicherheit und Konfliktbewältigung standen im Mittelpunkt des Universitätslehrgangs „Peace Studies“, der 2008 von der Unesco ausgezeichnet wurde. 2011 ging der dritte Unesco-Lehrstuhl an die Universität Salzburg. Der Fokus auf kulturelles Erbe und Tourismus soll durch Grundlagen- und angewandte Forschung das Bewusstsein über die Zusammenhänge zwischen beiden Bereichen fördern.

Brücke zur Zivilgesellschaft

„Die Lehrstühle sollen ihre Arbeit dabei nicht im sprichwörtlichen Elfenbeinturm verrichten, sondern Brücken zwischen der akademischen Welt, Zivilgesellschaft, lokalen Communitys, Forschung und Politik schlagen“, sagt Tiefenbacher. Ein weiterer Schwerpunkt, der die Bestrebungen der Organisation widerspiegle, liege in der Stärkung des Globalen Südens. „Augenmerk wird deshalb auf die internationale Vernetzung und Kooperation mit Partnerinstitutionen, etwa in Afrika, gelegt.“

Auch im Mint-Bereich

2014 wurde der Universität für Bodenkultur der Lehrstuhl Integrated River Research and Management zugesprochen, der sich mit der globalen Analyse großer Flüsse und deren Veränderung aufgrund von Klimawandel und anderer menschlicher Einflüsse beschäftigt. Der Lehrstuhl war damals die erste Unesco-Professur in Österreich, der sich mit einem naturwissenschaftlich-technischen Thema beschäftigt, und in der Unesco der erste, der sich spezifisch mit Fließgewässerforschung auseinandersetzt. Ein Jahr später bekam die Med-Uni Wien ihren ersten Unesco-Lehrstuhl zugesprochen, und zwar zum Thema Bioethik.

Als einzige österreichische Hochschule hat die Uni Graz zwei Unesco-Lehrstühle. Den zweiten zum Thema Menschenrechte und menschliche Sicherheit seit 2016. Im Februar 2021 wurde das internationale Unesco-Zentrum zur Förderung der Menschenrechte in Gemeinden und Regionen eröffnet – eine weltweit einzigartige Kombination. „Es soll insbesondere Erfahrungen der Menschenrechtsstadt Graz für Partnerinstitutionen und Städte global nutzbar machen und entsprechende Kapazitäten mit Partnern, zurzeit vor allem im arabischen und afrikanischen Raum, aufbauen“, sagt Lehrstuhlinhaber Gerd Oberleitner.

Seit 2019 gibt es auch an der Universität für angewandte Kunst den Unesco-Lehrstuhl für die Erhaltung von Kulturerbe, der das Thema Weltkulturerbe in unterschiedlichen Formaten und Blickwinkeln beleuchtet. 2020 wurden gleich zwei Unesco Chairs nach Kärnten vergeben, erstmals auch an eine Fachhochschule. An der FH Kärnten beschäftigt sich der Unesco Chair for Sustainable Management of Conservation Areas mit der internationalen Vernetzung und dem Capacity Building für exzellente angewandte Wissenschaft und Technologie für den Naturschutz. An der Universität Klagenfurt gibt es nun den Lehrstuhl für Global Citizenship Education – Culture of Diversity and Peace unter der Leitung von Hans Karl Peterlini: „Die Idee, einen Chair zu beantragen, bestand vor allem darin, Initiativen zu bündeln, ihnen durch die Einbindung in die Unesco-Familie auch Sichtbarkeit zu verleihen und die internationale Vernetzung zu stärken.“ Österreich sei reich an Initiativen im Bereich von Friedensbildung, globaler Bildung, sozialem Ausgleich, transnationaler Solidarität, nicht nur auf universitärer Ebene, „vor allem im NGO-Bereich sind viele Menschen beherzt unterwegs. So hoffe ich, im Chair viele dieser Leute zusammenzuführen.“

Web: www.unesco.at/wissenschaft/unesco-lehrstuehle

Information

Die Unesco (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) ist eine von 15 eigenständigen UN-Organisationen und zuständig für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die 1992 ins Leben gerufenen Unesco-Professuren sollen die Anliegen in der akademischen Welt verankern. Insgesamt sind mehr als 700 Institutionen so mit der Unesco vernetzt. In Österreich gibt es neun Unesco-Lehrstühle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2021)

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