Liegt die politische Kraft von Sally Rooneys Romans in der Utopie, die sie entwirft?
Buch der Woche

Sally Rooney: Einmal kurz die Welt retten

Man kann doch nicht über die Liebe schreiben, wenn ringsum alles zugrunde geht, schreibt die gefeierte irische Autorin Sally Rooney. In ihrem Roman „Schöne Welt, wo bist du“ tut sie es trotzdem. Oder gerade deshalb.

Zunächst einmal eine Überraschung: Sally Rooney beschreibt. Die irische Autorin, die in ihren ersten beiden Romanen eine aufsehenerregende Knappheit an den Tag gelegt hat, die sich nicht aufhielt mit der Schilderung von Äußerlichkeiten wie Kleidungsstücken oder Straßenzügen, sondern völlig konzentriert schien auf das verwinkelte Seelenleben ihrer Figuren – sie vertieft sich plötzlich in Stillleben. Darin, wie das verbliebene Licht des Tages auf den Oberflächen des Wohnzimmers und der Küche schimmert: „dem Küchentisch, auf dem sich hier und da noch Krümel fanden; einer Obstschale mit einer braun werdenden Banane und zwei Äpfeln; einem gestrickten, nachlässig über das Sofa gebreiteten Überwurf; der dünnen grauen Staubschicht auf der Oberkante des Fernsehers; den Bücherregalen, den Tischlampen, einem Schachspiel auf dem Beistelltisch mit einem offenbar unbeendeten Spiel. So ruhte der Raum, während das Licht nachließ, während draußen im Hausflur Menschen die Treppen hinauf- und hinuntergingen, während auf der Straße der Verkehr in Wellen weißen Rauschens vorbeizog.“

Und das von einer Autorin, die noch im Jahr davor im Interview mit der „Presse“ erklärte, sie beschreibe ungern Gegenstände oder Umgebungen – und hätte auch schnell das Gefühl, damit die Zeit des Lesers zu stehlen.

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