Psychologie

Wenn Arbeitslose apathisch werden

Heute definieren auch viele Frauen ihre Identität über ihre Arbeit.
Heute definieren auch viele Frauen ihre Identität über ihre Arbeit.Getty Images/Johner RF
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128.319 Menschen in Österreich sind bereits über ein Jahr arbeitslos. Der Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler beschreibt, was lange Arbeitslosigkeit mit Menschen macht.

Wien. Arbeitslos sein ist nicht lustig – oder zumindest nur für sehr wenige Menschen. Laut Erich Kirchler, Wirtschaftspsychologe an der Universität Wien und am Institut für Höhere Studien (IHS), sei ein verschwindend geringer Anteil der Arbeitslosen freiwillig ohne Job. „Der überwiegende Teil will arbeiten, findet aber keine passende Arbeit“, sagt er zur „Presse“ und beruft sich auf internationale Studien. In der Coronapandemie mussten diese Erfahrung sehr viele Menschen machen. Im ersten Lockdown schnellte die Zahl der Arbeitslosen binnen weniger Wochen auf 600.000 nach oben. Erst jetzt, eineinhalb Jahre später, ist eine deutliche Erholung sichtbar: 347.312 Menschen waren im August arbeitslos gemeldet oder in einer AMS-Schulung. Damit wurde das Vorkrisenniveau fast wieder erreicht.

Doch ein großes Problem bleibt: die Langzeitarbeitslosigkeit. 128.319 Menschen sind über ein Jahr ohne dauerhafte Beschäftigung. In der Pandemie fanden Menschen, die schon davor arbeitslos waren, keine Jobs – und blieben noch länger arbeitslos. Dazu kamen viele, die neu ihren Arbeitsplatz verloren und mit anhaltender Krise in die Langzeitarbeitslosigkeit rutschen. Auch jetzt im Wirtschaftsaufschwung stellen Unternehmen bevorzugt Menschen ein, die besser ausgebildet und erst kurz arbeitslos sind.

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