Glaubensfrage

Tritt Papst Franziskus zurück?

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Fehlen ihm für das älteste und am meisten aufgeladene Amt der Welt die Kräfte? Fantasien wuchern – bei dessen Gegnern. Da gibt es nicht wenige.

In einer Woche wird Papst Franziskus Österreich mit seinem Besuch in der Slowakei so nahe wie nie sein, räumlich gesehen. Am nächsten Sonntag wird er zuerst für sieben Stunden in Budapest erwartet, wo er beim Abschluss des Eucharistischen Weltkongresses teilnimmt. Danach geht es bis zum 15. September in die Slowakei.

Vatikan-Chronisten vermerken Auslandsreise Nummer 34 dieses Papstes. Das sind gar nicht so wenige. Der als „eiliger Papst“ titulierte Johannes Paul II. hatte es im selben Zeitraum auf ungefähr gleich viele Auslandsvisiten gebracht. In der Slowakei fürchten die Veranstalter jetzt, dass der Papst zwei Messen vor halb leeren Reihen zelebrieren wird. Die Coronavorgaben sind streng, nur Geimpfte dürfen teilnehmen. Dazu kommt, dass die slowakische Kirche noch ziemlich traditionell geprägt ist. Bei einer Umfrage unter Katholiken wurde gefragt, welchem der letzten Päpste sie sich am nächsten fühlten. 65 Prozent nannten Johannes Paul II., nur knapp 20 Prozent den heutigen Papst. Mit dessen Weg einer Erneuerung kann die Mehrheit der Slowaken offenbar wenig anfangen. Die sich auch deswegen schleppend gestaltenden Anmeldungen für die Messen des Papstes lassen manche schon von einem Desaster sprechen. Aber vielleicht will man man ja auch nur das Phänomen der self-destroying-prophecy herbeibeten.

Wenn wir schon beim Herbeibeten sind: Zuletzt machte von Italien ausgehend das Gerücht die Runde, Papst Franziskus könnte – wie das vor achteinhalb Jahren Benedikt XVI. getan hat – sein Amt niederlegen. Ein neues Konklave, zwei emeritierte Päpste: Ein derartiges Szenario beflügelt die Fantasie selbst von wenig Fantasiebegabten.

Schließlich musste das Kirchenoberhaupt, zurück von seiner Erholung nach der Darmoperation im Juli, selbst ausrücken, die Dinge zurechtzurücken. Ihm selbst seien keinerlei Rücktrittsgedanken in den Sinn gekommen, sagte er dem spanischen Radiosender Cope vor wenigen Tagen. Und, ein wenig ratlos: „Ich weiß nicht, wie sie auf die Idee gekommen sind.“ Wenn ein Papst krank sei, gebe es offenbar immer derartige Gerüchte.

Dabei ist es interessant, wo das Gerücht seinen Ausgang genommen hat. Es war die italienische Tageszeitung „Libero“, die geschrieben hat, ein neues Konklave liege in der Luft, der im 85. Lebensjahr stehende Papst wolle es Benedikt nachmachen. Jenes als betont rechtskonservativ geltende Medium, dem gute Kontakte zu erzkonservativen katholischen Kreisen bis in die Kurie nachgesagt werden. Auch wenn der Papst dementiert, in der Öffentlichkeit bleibt ein Hauch von Ungewissheit, was seine Stellung gerade auch im innerkirchlichen Kampf gegen seine Gegner automatisch schwächt. Es ist schon so wie in der Politik: Die gefährlichsten Gegner kommen zumeist aus dem Inneren.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2021)

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