Quergeschrieben

Moral kann eigenständiges Denken und Diskurs nicht ersetzen

Moral und Haltung verdrängen eine differenzierte, kritische und ausgewogene Information und Diskussion. Die Panikmache nutzt den Mächtigen.

„Klimakrise“, „Flüchtlingskrise“, „Gesundheitskrise“: Bei allen großen aktuellen Themen dominieren Gesinnungsethiker den öffentlichen und medialen Diskurs. Es geht nicht mehr nur um Sachthemen, deren Lösung aufgrund der Komplexität des Problems eines umfassenden Diskurses bedürfte, und um die gerungen werden müsste.

Zur Autorin:

Dr. Gudula Walterskirchen ist Journalistin und seit 2017 Herausgeberin der „Niederösterreichischen Nachrichten“ und der „Burgenländischen Volkszeitung“.

Der Konjunktiv ist hier durchaus angebracht, denn an die Stelle differenzierter Sachlichkeit sind Haltung und Moral getreten: Es gibt nur noch Täter und Opfer, Gut und Böse. Angeboten werden einfache Schablonen, damit sich jeder orientieren kann, um im Meinungsfeld auf der „richtigen“ Seite zu stehen. Das führt dazu, dass bloß bewertet wird, statt zu diskutieren. Das trifft sowohl auf die Politik als auch auf die Massenmedien und die sozialen Medien zu. Der deutsche Medientheoretiker Norbert Bolz hat das in seinem 2020 erschienenen Buch „Die Avantgarde der Angst“ sehr pointiert ausgedrückt: Die Massenmedien versorgen die Gesellschaft nicht mehr mit Information, sondern mit einem Moralschema. Wer nach Moral rufe, sei nicht bereit, umzulernen und wolle sich das Denken ersparen. Statt nachzudenken, verteile man Achtung und Missachtung.

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