Der Kanzler und ÖVP-Chef bleibt trotz steigender Spitalsbelegung dabei, dass die Pandemie für Geimpfte geschafft sei.
Sebastian Kurz mag es, Widerspruch zu Fragen in persönliche Geschichten zu kleiden. Fragt ORF-Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher danach, ob Kurz durch seinen frühen Einstieg mit 24 in die Politik nicht einen Teil seiner Jugend verpasst habe, erinnert er an Menschen in seinem Bekanntenkreis, die schon mit 25 Jahren ein Unternehmen oder eine Familie gegründet haben. Fragt die Moderatorin, ob Frauen im Falle einer Geburt das Kanzleramt aufgeben müssten (weil Kurz wegen der Bürde seines Amts keinen Papamonat nehmen will), kontert er mit seinem Respekt für die Ministerinnen in seiner Regierung, die nach der Geburt wieder rasch in ihren Beruf zurückgehen. Und rügt man, dass Kurz mit seinen Corona-Prognosen nicht immer richtig gelegen sei, verweist er auf seine Eltern, die nun als Geimpfte wieder ihr Leben „ganz normal“ führen. Gerade in diesem Punkt sollte das ORF-Sommergespräch am Montagabend aber zu Diskussionen führen.
Denn dass der Kanzler mit seinen Prognosen oft falsch gelegen sei und die Pandemie in Anbetracht der steigenden Spitalszahlen zu früh als bewältigt erklärt habe, wies er zurück. „Ich bin jemand, der das Glas drei Viertel voll sieht“, rechtfertigte sich der Kanzler. Er blieb auch bei seiner Ansicht, laut der die Pandemie nur für „Ungeimpfte nicht vorbei ist“. Die Chance, als Geimpfter schwer zu erkranken, sei nämlich fünfzig Mal so gering wie bei Geimpften. Bezüglich der Unter-Zwölfjährigen, die sich nicht impfen lassen können, verwies der ÖVP-Chef darauf, dass die Krankheit bei Kindern „nur ganz wenige schwere Verläufe“ habe. Einen weiteren Lockdown für Geimpfte schloss Kurz jedenfalls aus, Maßnahmen für Ungeimpfte seien aber möglich. Bei etwaigen weiteren Zugangsbeschränkungen ließ Kurz aber durchblicken, dass man neben Geimpften auch Genesenen Rechte zugestehen werden müsse.