Personalie

Abrupter Abgang des Lenzing-Chefs

Stefan Doboczky
Stefan DoboczkyAPA/HERBERT NEUBAUER
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Stefan Doboczky, Vorstandsvorsitzender des oberösterreichischen Faserherstellers Lenzing bat um vorzeitige Auflösung seines Vertrages. Es ist ein überraschender Abgang.

Wien. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Stefan Doboczky sollte Lenzing eigentlich durch die Klimawende führen. Der weltweit tätige Faserhersteller hatte in den vergangenen Jahren mit mehreren klimafreundlichen Projekten geglänzt. Doch das wurde zuletzt überschattet: von unsauberen Geschäfte des mit Palmers gegründeten Joint-Ventures Hygiene Austria.

Seit 2015 hatte Doboczky das Ruder des ATX-Konzerns in der Hand. Sein Vertrag wäre noch bis Ende des Jahres 2022 gelaufen. Doch der der 54-Jährige und der Lenzing-Aufsichtsrat haben sich „einvernehmlich“ über eine „vorzeitige Auflösung seines Vertrages“ geeinigt. Das geht aus einer Meldung des Unternehmens am Dienstagabend hervor. Doboczky habe den Aufsichtsrat darüber in Kenntnis gesetzt, für eine weitere Verlängerung seines Vertrages ab 2022 nicht zur Verfügung zu stehen. Sein Vertrag wird stattdessen mit Ende des dritten Quartals 2021 aufgelöst.

Masken-Skandal belastete

Der Aufsichtsrat nehme dies „mit großem Bedauern zur Kenntnis“, heißt in der Aussendung. Zuletzt hatte Doboczky jedoch nicht mehr das volle Vertrauen des Überwachungsgremiums. Inmitten des Masken-Skandals durfte er nicht mehr an den Aufsichtsrat berichten, wenn es um Hygiene Austria ging. Denn der FFP2-Maskenhersteller aus Wiener Neudorf soll Masken aus China umetikettiert haben. Es gab groß angelegte Razzien. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. „Es wurde nie gegen Doboczky ermittelt, versichert ein Konzern-Sprecher der „Presse“.

Im März hatte der Aufsichtsrat von Lenzing trotzdem beschlossen, dass Technikvorstand Stephan Sielaff die Agenden in Zusammenhang von Hygiene Austria übernimmt. Damit soll der „äußere Anschein von Unvereinbarkeit“ vermieden werden, sagte das Unternehmen. Deshalb berichtet Sielaff direkt an den Aufsichtsrat.

„Ich möchte mich bei Stefan Doboczky für seine herausragenden Leistungen für Lenzing ganz herzlich bedanken. Gerade bei der Transformation zu einem globalen Spezialfaserunternehmen und Nachhaltigkeitschampion war Doboczky die treibende Kraft in führender Stellung“, erklärt der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Peter Edelmann. Der Industrieexperte war in der Geschäftsführung der B&C Industrieholding, die die Hälfte der Anteile hält und damit größter Aktionär am Faserhersteller ist.
„Nach reiflicher Überlegung bin ich zum Schluss gelangt, dass genau jetzt der Zeitpunkt für eine persönliche Veränderung gekommen ist“, sagt der Lenzing-Chef. „Die Strategie steht – jetzt ist die Zeit für neue Kräfte gekommen, sie in operativen Fahrwassern weiterzuführen. Eines ist jedenfalls klar: Lenzing wird immer einen besonderen Stellenwert in meinem Leben behalten.“

Nachfolger gesucht

Eine Nachfolge muss erst gefunden werden. Damit werde sich der Aufsichtsrat „umgehend“ befassen. Zum interimistischen Chef wurde Cord Prinzhorn bestellt. Prinzhorn ist seit Mai 2021 im Aufsichtsrat des oberösterreichischen Konzerns und wird solange zur Verfügung stehen, bis eine langfristige Lösung gefunden ist. Der 48-Jährige ist Geschäftsführer des Papier- und Verpackungsherstellers Prinzhorn Holding und Sohn des Industriellen Thomas Prinzhorn, der jahrelang als Politiker (FPÖ und BZÖ) tätig war. Der Vater sitzt heute im Aufsichtsrat der Holding.

Für Doboczky gibt es zum Abschied vor allem Lob: „Die Lenzing AG befindet sich auch dank seiner weitblickenden Führung auf einem stabilen und ertragsstarken Wachstumskurs mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein. Und das im herausfordernden Umfeld der Covid-19-Pandemie“, betont Edelmann. Lenzing hält die zum Halbjahresergebnis veröffentlichten Prognosen für 2021 aufrecht.

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