Autoindustrie

Milliardenauftrag für Wolf-Werk

Ein Prototyp des Volta Zero auf einem Bild vom Jänner dieses Jahres. Derzeit werden die vollelektrischen Lkw getestet, die Fertigung in Steyr beginnt Ende 2022.
Ein Prototyp des Volta Zero auf einem Bild vom Jänner dieses Jahres. Derzeit werden die vollelektrischen Lkw getestet, die Fertigung in Steyr beginnt Ende 2022. AFP/Volta Trucks
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Investor Siegfried Wolf hat für das von ihm übernommene MAN-Werk einen ersten externen Auftrag zur Fertigung von Elektro-Lkw bekommen. Das Potenzial ist groß.

Wien/Steyr. Pkw sind bereits erfolgreich elektrifiziert, bald sollen auch Lkw völlig emissionsfrei unterwegs sein. Eines der europäischen Unternehmen, das bei der Entwicklung von batteriebetriebenen Lkw ganz vorne mitmischt, ist das schwedische Start-up Volta Trucks. Die ersten Prototypen werden gerade getestet. Die Ingenieure nennen diese Vorserien-Lkw liebevoll „Volta Minus One“. Denn wenn er in Produktion geht, wird der vollelektrische Lastwagen „Volta Zero“ heißen.

Und in Produktion gehen wird er, wie man seit Mittwoch weiß, in Steyr – dort, wo derzeit noch Lkw der Marke MAN produziert werden. Die Tochter des VW-Konzerns zieht die Fertigung bekanntlich schrittweise ab und verlagert sie nach Polen. Siegfried Wolf wird das Werk unter dem Namen Steyr Automotive fortführen und will unter diesem Namen auch eigene Lkw fertigen. Zusätzlich wird es eine Auftragsfertigung geben.

Erster Kunde ist eben Volta Trucks. Steyr Automotive hat sich bei einem europaweiten Ausschreibungsverfahren durchgesetzt. Die Fertigung der Elektro-Lkw wird Ende 2022 beginnen und laut Vertrag vorerst bis 2025 laufen. Nähere Details will man nicht verraten. Wenn das Fertigungsvolumen aber voll ausgeschöpft wird, kann es einen Umfang von einer Milliarde Euro erreichen. Das wären über den Gesamtzeitraum etwa 27.000 Lkw.

Abbaupläne bleiben

In einer Aussendung erklärt Steyr Automotive, dass „bis zu 500 Arbeitsplätze in der Region und ungefähr 2000 Arbeitsplätze entlang der Lieferkette“ geschaffen werden würden. Das gilt für den Fertigungszeitraum und hat laut Auskunft eines Wolf-Sprechers keinen Einfluss auf die aktuellen Personalpläne des Investors in Steyr.

Wolf will das Werk, das derzeit knapp 2000 Beschäftigte hat, künftig mit 1400 weiterführen.

Man sei „sehr erfreut und begeistert, dass Volta Trucks Steyr Automotive für die Produktion des neuen elektrischen Volta Zero ausgewählt hat“, meinte Wolf am Mittwoch. „Steyr Automotive verfügt nicht nur über eine hervorragende Produktionsanlage, sondern auch über ausgebildete Ingenieure und erfahrene Manager auf allen Ebenen der Belegschaft“, sagte Kjell Waloen, Technologievorstand bei Volta Trucks, der Nachrichtenagentur Reuters.

Viele arbeiten an Elektro-Lkw

Volta Trucks, 2017 gegründet, will bis 2025 vier verschiedene Lkw-Gewichtsklassen auf den Markt bringen. Der Volta Zero macht den Anfang, er ist für die Zustellung in Städten gedacht. Der Lkw ist 9,46 Meter lang, 3,47 Meter hoch und 2,5 Meter breit. Sein Ladevolumen beträgt knapp 38 Kubikmeter, was für 16 Europaletten reicht. Die Nutzlast beträgt 8,6 Tonnen. Mit seinem 150-kWh-Akku soll der Volta Zero eine rein elektrische Reichweite von 150 bis 200 Kilometer haben.

Mehrere Hersteller arbeiten an elektrischen Lkw. Daimler (Mercedes) ebenso, wie die MAN-Schwester Scania, die ebenfalls zum VW-Konzern gehört. In den USA gilt die Nikola Corporation, benannt nach dem Erfinder Nikola Tesla, als führend. Der Hype um das Unternehmen erreicht im Sommer vergangenen Jahres einen Höhepunkt, die Aktie versechsfachte sich kurzzeitig auf knapp 66 Dollar (aktuell hält sie bei etwa zehn).

Kurzarbeit in Steyr

Wolf hat das MAN-Werk in Steyr mit September übernommen – und musste gleich Kurzarbeit anmelden. Wegen des weltweiten Mangels an Halbleitern steht das Werk derzeit weitgehend still. Wolf erklärte vor einigen Tagen bei einem Presseauftritt in Steyr, er hoffe, mit „Halbarbeit“ im September über die Runden zu kommen.

Der Investor und ehemalige Chef des Autozulieferers Magna hat lange um die Übernahme des MAN-Werks in Steyr gerittert. Nach einer gescheiterten Abstimmung der Belegschaft schien er seine Pläne erst aufgegeben zu haben, kaufte das Werk am Ende aber überraschend doch. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2021)

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