Brüssel-Briefing

Wie ist die Lage der Union, Frau von der Leyen?

BELGIUM-EU-DIPLOMCY-AFGHANISTAN-POLITICS-G7-SUMMIT
BELGIUM-EU-DIPLOMCY-AFGHANISTAN-POLITICS-G7-SUMMITAPA/AFP/KENZO TRIBOUILLARD
  • Drucken

Europa ist von innen und außen unter enormem Druck. Wird die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union Tacheles reden - oder die Konflikte um Migration, Rechtsstaatlichkeit und Klimaschutz dezent übergehen?

Noch sechsmal schlafen, dass ist es so weit: Ursula von der Leyen hält am kommenden Mittwoch im Europaparlament in Straßburg ihre zweite Rede zur Lage der Union. Seit elf Jahren gibt es diese Veranstaltung, sie ist dem Vertrag von Lissabon geschuldet (wer es genau wissen will: Anhang IV der Rahmenvereinbarung über die Arbeitsbeziehungen zwischen Europäischem Parlament und Europäischer Kommission). Dieser ist bekanntlich der gerettete Rest des Verfassungsvertrages für Europa, der in den Jahren 2005 an den beiden Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden zerschellt war. Damals träumte man in den Chefetagen der europäischen Politik noch vielerorts davon, Vereinigte Staaten von Europa zu gründen. Und so, wie der Präsident der USA jahrlich seine „State of the Union“-Rede vor dem Kongress hält, sollte auch der Präsident der Kommission einmal pro Jahr vor das Parlament treten, um „die Bilanz des laufenden Jahres“ zu ziehen und „einen Ausblick auf die künftigen Prioritäten für die folgenden Jahre“ zu geben, wie es in dieser Rahmenvereinbarung heißt.

Worüber Brüssel redet

Hintergedanke war es, damit die politische Entscheidungsfindung in der Union sichtbarer zu machen. Politik lebt schließlich von Symbolen. In der Praxis allerdings konnten diese mit SOTEU (für State of the EU) abgekürzten Ansprachen ihren Zweck, die europäische Demokratie lebendiger zu machen, nicht erfüllen. Vielmehr veranschaulichen sie eher, wie fern das europäische Politikraumschiff über den Bürgern schwebt. Das liegt nicht nur am unabänderlich sterilen Ambiente des Straßburger Plenarsaales. Vielmehr stopfen die Redenschreiber des jeweiligen Kommissionschefs dessen Text mit so viel verkrampft nach Pathos gierender Metaphorik voll, dass das Ergebnis bisweilen in einer Sprache daherkommt, die kein normaler Mensch wirklich versteht (ich erinnere beispielhaft an Jean-Claude Junckers Stilblüte aus dem Jahr 2015: „Es fehlt an Europa in dieser Europäischen Union. Und es fehlt an Union in
dieser Europäischen Union.").

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.