Wulff fordert von Türkei mehr Toleranz für Christen

Wulff in der Türkei:
Wulff in der Türkei: "Wir sind alte Freunde"(c) REUTERS (UMIT BEKTAS)
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"Wir müssen religiösen Minderheiten die freie Ausübung ihres Glaubens ermöglichen", betont der deutsche Bundespräsident vor dem türkischen Parlament. Das gelte für die Türkei ebenso wie für sein Land.

Als erster deutscher Bundespräsident hat Christian Wulff am Dienstag eine Rede vor dem türkischen Parlament gehalten. Darin rief er die Türkei zu mehr Toleranz gegenüber den Christen auf. "Die Religionsfreiheit ist Teil unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft", sagte Wulff laut Redetext. Der Bundespräsident ermunterte die Türkei zudem, ihre europapolitischen Reformen fortzusetzen.

In Deutschland könnten Muslime ihren Glauben "in würdigem Rahmen praktizieren", was an der wachsenden Zahl der Moscheen in der Bundesrepublik ablesbar sei, sagte Wulff. "Gleichzeitig erwarten wir, dass Christen in islamischen Ländern das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen."

Damit spielte Wulff auf die rechtlichen Probleme der Christen an, die weniger als ein Prozent der Menschen in dem 70-Millionen-Land Türkei ausmachen. Türkische Nationalisten betrachten die Christen als potenzielle Gefahr für die Einheit des Landes. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren einige Reformen zugunsten der Christen auf den Weg gebracht, doch gibt es erhebliche Probleme bei der Umsetzung.

"Türkische Zuwanderer gehören zu unserem Land"

"Wir müssen religiösen Minderheiten die freie Ausübung ihres Glaubens ermöglichen", betonte Wulff: "Das ist nicht unumstritten, aber es ist notwendig". Er betonte in seiner Rede auch die lange Tradition der deutsch-türkischen Beziehungen. Außerdem ging er auf die aktuelle Integrationsdebatte in Deutschland ein. Die türkischen Zuwanderer in der Bundesrepublik "gehören zu unserem Land", machte er deutlich. "Einwanderer haben Deutschland vielfältiger, offener und der Welt zugewandter gemacht." Auch müsse kein Zuwanderer seine kulturelle Identität aufgeben.

Es gebe aber Integrationsprobleme wie "das Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung", sagte der Bundespräsident. Er rief die Türken in Deutschland erneut auf, die deutsche Sprache zu lernen und sich an die "geltenden Regeln" zu halten.

Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül in Ankara hatte zuvor bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wulff vor einer politischen Instrumentalisierung der Migrationsdebatte in Deutschland gewarnt. Nötig seien mehr Hilfen etwa beim Erlernen der deutschen Sprache. "Jetzt sehen wir, wo in der Vergangenheit die Fehler gemacht wurden", sagte Gül.

Wulff gegen "Pauschal-Urteile"

In einem Interview mit der Zeitung "Hürriyet" spricht sich Wulff gegen einen Zuzugstopp für Zuwanderer aus der Türkei aus, wie er von CSU-Chef Horst Seehofer gefordert wird. "Zu behaupten, eine ganze Gruppe könne und wolle sich nicht integrieren, halte ich für falsch. Ich wende mich gegen jedes Pauschalurteil", so Wulff. Seehofer hatte vergangene Woche erklärt: "Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus der Türkei und anderen arabischen Ländern schwerer tun. Daraus ziehe ich den Schluss, dass wir keine solchen Zuwanderer brauchen".

(Ag.)

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