EU-kritische Aussagen

Barnier will als Präsident EuGH aushebeln

"In Bezug auf die Einwanderung müssen wir unsere rechtliche Souveränität wiedererlangen, um uns nicht länger den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fügen zu müssen." Michel Barnier  überrascht mit seinen EU-kritischen Aussagen.
"In Bezug auf die Einwanderung müssen wir unsere rechtliche Souveränität wiedererlangen, um uns nicht länger den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fügen zu müssen." Michel Barnier überrascht mit seinen EU-kritischen Aussagen.APA/AFP/PASCAL GUYOT
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Der Ex-Kommissar spricht sich für ein Referendum aus, um Frankreich „die Souveränität in allen Migrationsfragen" zurückzuholen.

Für seine proeuropäischen Freunde war es ein Schock. Der ehemalige EU-Kommissar, Brexit-Verhandler und Kandidat der Les Républicains bei der französischen Präsidentschaftswahl, Michel Barnier, will EU-Recht in Migrationsfragen nicht länger akzeptieren. Bei einer Veranstaltung seiner Partei in Nîmes sprach er sich laut dem Online-Nachrichtenmagazin „Politico“ für ein Referendum zum Thema Migration aus. Ziel ist, die Souveränität in Einwanderungsfragen zurückzuholen und sich nicht länger vom EU-Gerichtshof und der Europäischen Menschenrechtskonvention diktieren zu lassen.

Der Vorstoß kommt zu einem Zeitpunkt, da die EU-Kommission um eine Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts bangt, ob nationales Recht über Gemeinschaftsrecht gestellt werden kann. Barnier signalisiert nun rechten Wählern im Land eine ähnliche Aushöhlung der EU-Verträge. In Umfragen lag er zuletzt mit 16 Prozent abgeschlagen und würde gegen Emmanuel Macron und Marine Le Pen nicht in eine Stichwahl kommen. Barnier hat sich nicht einmal noch in seiner eigenen Partei einen fixen Platz für die Wahl gesichert.

EU-Kommission kritisiert Aussagen des Franzosen

Die EU-Kommission verwies am Donnerstag darauf, dass aus den EU-Verträgen ganz klar eine Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik hervorgehe. Der Sprecher von der Leyens erklärte zu dem nun ebenfalls von Barnier infrage gestellten Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Dieser stelle die Einhaltung der Grundrechte auf dem Kontinent sicher und sei "das Herzstück des Nachkriegseuropas". Auf den Grundsätzen und Werten des EGMR beruhe auch die Europäische Union.

Auch aus dem EU-Parlament kam Kritik. "Die Worte Barniers untergraben die Position der EU-Kommission, die versucht, die Priorität des EU-Rechts gegen die Angriffe vonseiten Ungarns, Polens und sogar des deutschen Verfassungsgerichts zu verteidigen", schrieb der konservative polnische Europaabgeordnete Jacek Saryusz-Wolski am Freitag auf Twitter.

„Bleiben wir ruhig"

„Lasst uns ruhig bleiben“, versuchte der Ex-Kommissar in den sozialen Medien zu kalmieren - auch dort hatte sein Vorstoß für heftige Reaktionen gesorgt. Um „unnötige Kontroversen zu vermeiden“ stelle er klar, dass er lediglich ein „konstitutionelles Schutzschild“ vorgeschlagen habe, das sich ausschließlich auf die Migrationspolitik beziehen solle.

Schon im Juli hatte Barnier in der Tageszeitung "Le Figaro" erklärt, was er unter diesem "Schutzschild" versteht: Er fordere ein Einwanderungs-Moratorium von drei bis fünf Jahren nach Frankreich. Damit dieses nicht unter Verweis auf internationale Verpflichtungen gekippt werden könne, brauche es eine Verfassungsänderung.

(wb/ag)

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