Durchatmen nach dem Einkaufsbummel: öffentliche Dachterrasse mit Fernblick auf dem neuen Ikea-Gebäude, Wien.
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Architektur

Die Tricks von Ikea und KaDeWe

Seit jeher trachten Kaufhäuser danach, ihre Kunden ins Innere zu locken und in Kauflaune zu versetzen, um sie danach zufrieden zu entlassen. Und wie sieht die Glücksmaschine „Warenhaus“ heute aus? Aktuelle grüne Beispiele aus Wien: der Stadt-Ikea und das KaDeWe.

Dass die Wiener Mariahilfer Straße als wichtigste Einkaufsmeile der Stadt eine ganz spezielle Geschichte und urbane Wirkungsmacht hat, ist allgemein bekannt. Dass sie sich derzeit aber mit gleich zwei großen Neubauprojekten wie ein Zeitfenster öffnet, durch das wir Einblicke in die gebaute Konsumkultur unserer Tage erhalten, kann als schöne Koinzidenz bezeichnet werden. Die Rede ist natürlich vom kürzlich eröffneten Ikea beim Westbahnhof und vom KaDeWe Wien, das gerade anstelle des alten Leiner-Hauses in Bau ist (der Name ist noch nicht fix; geplante Eröffnung: 2024).

Beide Projekte versuchen sich an einer Neuinterpretation des großstädtischen Warenhauses, transformieren die alte, stilprägende Idee der „Kathedralen der Moderne“ ins 21. Jahrhundert. Architektonische Statements mit Zukunftspotenzial. Doch was ist daran anders? Gibt es Kontinuitäten? Einige Anmerkungen aus stadthistorischer Sicht.

Warenhausarchitektur ist – und dies sei gleich als wichtigste Konstante hervorgehoben – zutiefst visuell determiniert. Es ist ein Zelebrieren der Schaulust. „Vollgefressene Pupillen“, wie Joseph Roth so treffend formulierte, stehen im Mittelpunkt, sinnliche Erlebnisse in all ihren Ausprägungen.

Das zeigten schon die ersten Großkaufhäuser, die sich in der Mariahilfer Straße etablierten: Stefan Esders' Zur großen Fabrik (1895; der spätere Leiner), Herzmansky (1897), Gerngroß (1904), Mariahilfer Zentralpalast (1911) – um nur die bekanntesten zu nennen. Sie alle setzten auf riesige Schaufenster und raffinierte Effektbeleuchtung innen wie außen. Ein visueller Sog und Zauber, vor allem nachts schier unwiderstehlich, wie der Journalist Paul Zifferer 1910 bemerkte: „Jedem einzelnen, den jetzt sein Weg des Abends durch die Mariahilferstraße hinauf führt, widerfährt etwas ganz Erstaunliches und Wunderbares. Alles ringsum scheint verzaubert, altvertraute Plätze tragen ein neues, fremdes Gewand, und man schreitet wie durch lauter Prunkgemächer, deren Türen weit geöffnet stehen und deren Kronleuchter ihr Licht als strahlende Dusche über die festlich geputzte Menge ergießen.“


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