Die Regierung plant eine ökosoziale Steuerreform. Die Wirtschaft fordert eine Senkung der Lohn-, Einkommens- und Körperschaftsteuer und keine Öko-Belastungen. Über die kalte Progression redet keiner.
Wenn Kammern und Interessensvertretungen laut Wünsche und Forderungen zur kommenden Steuerreform deponieren, ist eines klar: Die Verhandlungen gehen in die spannende Phase. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer griff am Dienstag zur Trommel. Er erwarte sich kein „Mini-Paket“, sondern einen „ordentlichen Knaller“. Darunter versteht er eine spürbare Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer sowie der Körperschaftssteuer. De facto steht das auch schon großteils im Regierungsübereinkommen. Aber dennoch wiederholt es der Wirtschaftskammer-Chef quasi zur Erinnerung.
Nachdem der Eingangssteuersatz bereits von 25 auf 20 Prozent gesenkt worden ist, sollen nun die beiden nächsten Steuerstufen gesenkt werden. Also die zweite von 35 auf 30 und die dritte von 42 auf 40 Prozent. Damit werden also mittlere Einkommen entlastet - die große Mehrheit in diesem Land. Tatsächlich zahlt n Österreich die Mittelschicht so viel Steuern wie andernorts Spitzenverdiener. Das bremst die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Dass in Österreich viele Menschen Teilzeit arbeiten, hängt nämlich auch mit der Steuerlast zusammen. Mehrarbeit zahlt sich unterm Strich oft nicht aus.
Die kalte Progression bleibt
Österreich sei ohnehin ein Hochsteuerland, betonen Mahrer und WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf, die Abgabenquote liegt bei 42,6 Prozent. Nur in Schweden, Dänemark, Belgien und Frankreich ist sie höher. Die letzte Steuerreform gab es 2016. Seither habe die kalte Progression dafür gesorgt, dass die Steuerentlastung längst verpufft ist. Deshalb sollten mindestens vier Mrd. Euro an den Steuerzahler zurückfließen, so Mahrer. Tatsächlich liegt die Betonung bei „zurückfließen“: Denn nicht zuletzt die mittlerweile spürbare Inflation sorgt dafür, dass viele Arbeitnehmer und Selbstständige zwar mehr verdienen, dadurch in eine höhere Steuerstufe rutschen, sich aber unterm Strich weniger leisten können. Von einer Abschaffung der kalten Progression ist auch in der Wirtschaftskammer keine Rede. Ganz nach dem Motto: Welche Regierung und welcher Finanzminister lässt sich entgehen, alle paar Jahre eine große Steuersenkung-Show abzuziehen, obwohl sie ja nur „zurückfließen“ lassen, was dank kalter Progression zu viel einkassiert wurde. Laut Berechnungen von Agenda Austria schluckte die kalte Progression seit 2016 fast sechs Milliarden Euro. Wenn nun vier Milliarden Euro „zurückfließen“ sollen, ist es noch immer ein gutes Geschäft für den Fiskus.
Zurück zu den Forderungen der Kammer: Mahrer und Kopf pochen auch auf eine Senkung der Körperschaftssteuer von 25 auf 21 Prozent. Die Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer würde 2,4 Milliarden Entlastung bringen, die Reduktion der Unternehmenssteuer 1,5 Milliarden Euro. Damit wäre man also bei den geforderten vier Milliarden Euro Steuerentlastung.
Die gibt es aber nur, wenn die Regierung nicht gleichzeitig Öko-Steuern einführt. Die CO2-Bepreisung müsse „mit Hausverstand und ohne große Bürokratiewelle“ erfolgen, betont Kopf. Und sie müsse sozial verträglich sein. Jemand, der auf dem Land auf ein Auto angewiesen sei, dürfe nicht belastet werden, sondern müsse eine Rückvergütung bekommen.
Und wie wird die Steuersenkung finanziert? „Eine Steuerreform hat, wenn sie klug gemacht ist, einen hohen Selbstfinanzierungsgrad“, vor allem, wenn die Menschen das Geld wieder ausgeben und investieren und nicht sparen würden, sagt Mahrer.
Und dann bleibt da natürlich immer noch die kalte Progression als sichere zusätzliche Einnahmequelle für den Fiskus.