Studie

Wo bleiben die Frauen? Chefs weiter überwiegend männlich

Studienautorin Gudrun Heidenreich-Pérez.
Studienautorin Gudrun Heidenreich-Pérez.(c) feel image - FotografieFotos: Felicitas Matern
  • Drucken

Unternehmen suchen für die Führung in der Krise starke Persönlichkeiten – und finden überwiegend Männer, ergab eine Untersuchung.

Heimische Unternehmen achten bei der Vergabe von Top-Positionen in der anhaltenden Corona-Krise vor allem auf die Persönlichkeit. Es stellt sich die Frage: Was macht die Persönlichkeit aus und wie wird sie evaluiert? Besetzt werden die Top-Positionen außerdem vorwiegend männlich. Nachholbedarf gibt es folglich beim Thema Gleichstellung und Diversität. Und trotz methodisch vielfältiger Möglichkeiten: Interviews sind noch immer das häufigste Instrument beim Auswahlprozess.

Im Rahmen des aktuellen Leadership Survey hat das Beratungsunternehmen Deloitte rund 180 heimische Führungskräfte befragt, auf welcher Basis sie Besetzungsentscheidungen für Top-Positionen treffen. Das Ergebnis: In der Krise werden vor allem Kandidaten mit Persönlichkeit gesucht. In Bezug auf Kontaktnetzwerke ist die Meinung ambivalent: 60 Prozent der Befragten halten Netzwerke im Allgemeinen für die Besetzung von Führungspositionen für wichtig. Im eigenen Unternehmen messen sie diesem Faktor allerdings mit 26 Prozent eine geringere Bedeutung bei. Wichtiger ist ihnen hier nach eigenen Angaben die fachliche Kompetenz sowie die Führungserfahrung.

„Wenn Top-Jobs im eigenen Unternehmen vergeben werden, zählen bei der Auswahl vor allem Persönlichkeit und das fachliche Know-how der Bewerber. Beziehungen und Kontaktnetzwerke spielen eine untergeordnete Rolle“, erklärt Gudrun Heidenreich-Pérez, Director bei Deloitte Österreich. „Im Umfeld nehmen die Befragten noch immer wahr, dass Vitamin B ein Besetzungsfaktor ist, im eigenen Unternehmen wird das nicht so gesehen. Die eigene Objektivität wird oft überschätzt.“

Aufholbedarf bei Gleichstellung und Diversität

Laut Studie wurden in den vergangenen drei Jahren Führungspositionen vorwiegend männlich besetzt. Lediglich rund ein Drittel gibt an, dass auf der Top-Ebene in der Covid-19-Krise ein ausgewogenes Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Besetzungen herrscht.

„Hinsichtlich Geschlechtergleichstellung besteht eindeutig Handlungsbedarf. Es liegt primär in der Verantwortung der Führungsebene, Diversität in der Unternehmenskultur zu etablieren. Mehr Diversität wirkt sich nachweislich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus“, so Gudrun Heidenreich-Pérez.

Allerdings zeigt sich: Ein Drittel der befragten Unternehmen in Österreich hat (noch) keine bewussten Maßnahmen zur Förderung von Diversität eingeführt. 28 Prozent setzen auf strukturierte Verfahren und Methoden, um die Objektivität zu erhöhen. 27 Prozent wollen mit Sensibilisierung und internen Schulungen Führungskräfte auf Inclusive Leadership aufmerksam machen.

Veränderungsbereitschaft und Offenheit für Neues besonders gefragt
Knapp zwei Drittel denken, dass Führungskräfte im Arbeitsalltag bereit für Veränderungen und offen für Neues sein sollten. „Um als Organisation neue Wege zu bestreiten und Veränderungen voranzutreiben, braucht es Mut, Experimentierfreude sowie die Bereitschaft, alte Gewohnheiten und Denkmuster hinter sich zu lassen“, sagt die Deloitte-Expertin. „Daher ist es umso überraschender, dass Risikobereitschaft bei Führungskräften noch immer am wenigsten gefragt ist.“

Moderne Auswahlprozesse sind Mangelware

65 Prozent der Studienteilnehmer nehmen bei Besetzungsentscheidungen die Beurteilung der zwischenmenschlichen Fähigkeiten der Kandidaten als besonders herausfordernd wahr. Wie Bewerber am liebsten ausgesucht werden, ist laut Umfrage jedoch recht eindeutig: Jobinterviews sind mit fast 90 Prozent die beliebteste Auswahlmethode, gefolgt von Hearings im Rahmen der Endauswahl und der Einholung von Referenzen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.